Philipp Teufel und Ralph Appelbaum erläutern ihre Ideen für die Ausstellungen im Schloss |
Zwanzig Jahre: So
lange schon gibt es den privaten Förderverein, der dafür wirbt, das
verschwundene Hohenzollernschloss in der Berliner Mitte wiederaufzubauen. Vor
zehn Jahren beschloss der Deutsche Bundestag das Projekt, vor drei Jahren wurde
ein Architekturwettbewerb durchgeführt, den der Architekt Franco Stella gewann.
2013 Jahr soll der Grundstein gelegt werden, aber das Ziel ist noch weit: Geht
alles nach Plan, steht frühestens 2018 das Gebäude. Die Einrichtung des
Humboldt-Forums im Schloss wäre dann bis 2019 denkbar: Es soll die
außereuropäischen Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ganz neu
präsentieren, gemeinsam mit den wissenschaftshistorischen Sammlungen der
Humboldt-Universität und ergänzt um eine Dependance der Berliner Zentral- und
Landesbibliothek.
590 Millionen Euro
darf alles kosten. Bei der Feinplanung für das moderne Innenleben hinter der Barockfassade
stellt sich ein Problem. “Das Humboldt-Forum soll nicht jetzt, sondern 2019
innovativ und modern sein”, sagt Michael Eissenhauer, Generaldirektor der
Berliner Museen. Wie aber schafft man das, so rasant wie sich die Gesellschaft,
ihr Umgang mit Bildern und Medien und damit die Erwartungen an einen
Kulturpalast verändern? Erinnern wir uns: Vor gerade acht Jahren gründete ein
unbekannter Student die Internetplattform Facebook, die in kurzen Zeit die
Kommunkationsgewohnheiten von 900 Millionen Menschen verändert hat. Was wird Menschen
in acht Jahren dazu bringen, das Humboldt-Forum aufzusuchen, um dort zu
kommunizieren und hinterher ihre sozialen Netzwerke mit begeisterten
Kommentaren zu füttern?
Um das
herauszufinden, fördert die Kulturstiftung des Bundes bis 2015 ein “Humboldt
Lab” mit jährlich einer Million Euro. In Dahlem, wo die Ethnologischen
Sammlungen bis zum Umzug nach Mitte zu sehen sind, sollen neue Präsentations-
und Vermittlungsformen ausprobiert werden. Neben Wissenschaftlern und Kuratoren
sind Künstler, Kinder und Migranten zum Experimentieren eingeladen. Das “Lab”
soll helfen, die abstrakte Idee einer “Agora” innerhalb des Humboldt-Forums,
also eines die museale Präsentation sinnvoll ergänzenden Veranstaltungsforums,
mit Leben zu erfüllen. Der dafür berufene Projektleiter Martin Heller
berichtet, man sei inzwischen dabei, die Trennung von Agora und
Museumsbereichen allmählich aufzulösen. Das bedeutet wiederum, dass in den Ausstellungssälen
dafür die Voraussetzungen gegeben sein müssen.
Hier kommt nun
überraschenderweise das Stuttgarter “Haus des Waldes” mit seinem interaktiven
Spielangeboten als potentielle Inspiration für das Humboldt-Forum ins Spiel. Es
zählt nämlich zu den Referenzprojekten des Museumsdesigners Philipp Teufel, der
gemeinsam mit dem Amerikaner Ralph Appelbaum rund 18.000 Quadratmeter
Ausstellungsfläche im Humboldt-Forum entwerfen soll. Vor allem mit der
Neugestaltung zahlreicher Museen in Frankfurt am Main hat sich der gebürtige
Schwabe einen Namen gemacht. Mit Ralph Appelbaum holte er einen alten Fuchs ins
Boot: Weltweit 437 Museen und Ausstellungen hat Appelbaums Büro
realisiert, darunter das Holocaust-Museum in Washington, ein “Museum of World
Religions” in Taipeh und das jüngst als Wunderkammer neu gestaltete “National
Museum of Scotland” in Edinburgh.
32 Millionen Euro
stehen für Bau und Ausstattung der Museumsbereiche im Humboldt-Forum zur
Verfügung. Teufel und Appelbaum setzten sich in einem Wettbewerb gegen die
Konkurrenz durch, nicht nur weil sie über hinreichend Expertise für die
Mammutaufgabe verfügen, sondern weil ihre behutsame Herangehensweise die
Auftraggeber von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Schloss-Stiftung
überzeugte. Sie analysieren sehr genau die Bedürfnisse verschiedener
Nutzergruppen und kommunizieren intensiv mit den Museumskuratoren. Das Museum
sei für ihn ein Ort der Partizipation und der Demokratie, es solle zum gemeinsamen
Lernen ermutigen, betont Appelbaum.
Diese Haltung überzeugte
die Auftraggeber, wie auch die Bereitschaft, sich ganz und gar auf die Besonderheiten
des Ortes einzulassen. So verfügen die Ausstellungsräume im Humboldt-Forum wegen
der vorgeblendeten Schlossfassade über viele gleichförmige Fensterreihen. Die
Gestalter sehen darin kein Hindernis, sondern erkannten sofort die Chance, mit viel
Tageslicht und Blicken hinaus in die Stadt zu arbeiten - und damit den Widerspruch zwischen
barocker Hülle und modernem Innenleben zu mildern.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen