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Donnerstag, 3. Mai 2012

Vorschau auf das Theatertreffen


Grellgelb und Lila, das waren die Theatertreffenfarben des letzten Jahres. Thomas Oberender, neuer Intendant der Berliner Festspiele, setzt auf weniger schrille Signale: Als neues Festspiellogo hat er einen rechteckigen roten Rahmen eingeführt, der sich auf alle möglichen Motive applizieren lässt. Grauer Karton kleidet die Pressemappen, die Typografie ist gediegen. Weiß,  rosa und zartgrün liegt die auf angenehmem Papier gedruckte Programmzeitschrift des Theatertreffens in der Hand.
Das alles deutet auf Entschleunigung, auf mehr Nachdenklichkeit und weniger Party. Wie eine roter Faden zieht sich die Frage nach dem Umgang mit Zeit durch die Vorab-Statements der Theatertreffen-Verantwortlichen. Die neue Leiterin Yvonne Büdenhölzer verweist stolz auf die Gesamtspieldauer der zehn ausgewählten Inszenierungen von 135 Stunden und 20 Minuten (einschließlich Wiederholungen) während des Festivals. Ein zweiteiliger “Faust” darf da nicht fehlen, indes bleibt Nicolas Stemanns Inszenierung mit 8 Stunden Spieldauer durchaus im üblichen Rahmen.
Anders die bis zu zwölf Stunden dauernde Extrem-Performance nach Motiven von Ibsens "John Gabriel Borkman", eingerichtet von dem deutsch-norwegischen Trio Vegard Vinge, Ida Müller und Trond Reinholdsen. Sie sind Debütanten auf dem Theatertreffen, wie die Hälfte der Regisseure. Ein Signal, dass die Maßstäbe der siebenköpfigen Jury sich geändert haben. Früher kam bei der Suche nach den zehn "bemerkenswertesten" Aufführungen regelmässig ein Gipfeltreffen der Großregisseure zustande. Diesmal zeichnet bei drei der zehn Produktionen ein Theaterkollektiv für die Inszenierung verantwortlich.
Wie “Borkman” ist auch das "Hate Radio" von Milo Rau eine internationale Koproduktion: Dokumentarisch genau rekonstruiert die Aufführung den Völkermord an den Tutsi in Ruanda aus der Perspektive eine Radiosenders. Gesprochen wird Französisch und Kinyarwada. In dem Bob-Squad-Stück "Before your Eyes" hört man Englisch und Flämisch aus dem Mund von sieben Jugendlichen, die im Schnelldurchlauf das Spiel des Lebens von der Geburt bis zum Tod verkörpern. In den Augen der Jury spiegeln solche Nominierungen den Trend zu einer Internationalisierung des deutschsprachigen Theaterbetriebs. Damit vollzieht das Hauptprogramm eine Entwicklung des Stückemarkts nach, der bereits vor Jahren für Einsendungen aus ganz Europa geöffnet wurde. In diesem Jahr ist mit Markus&Markus nun erstmals auch ein Performancekollektiv bei dem Autorenwettstreit vertreten.
Da sich die experimentellen Formate nicht auf große Bühne des Festvialhauses verpflanzen lassen, sind die Karten für die ungewöhnlichsten  Aufführungen besonders knapp. Und leider kapituliert auch das Fernsehen davor. Mit Herbert Fritschs “Die (s)panische Fliege”, René Polleschs “Kill you Darlings!” und Karin Henkels “Macbeth” strahlt der Sender 3sat nur drei relativ bequem adaptierbare Inszenierungen aus, die am 18. bis 20. Mai bei freiem Eintritt auch auf der großen Videowand im Sony Center gezeigt werden. Der in “zdf.kultur”  umgemodelte ehemalige Theaterkanal spielt als Echoverstärker für das Theatertreffen beinahe keine Rolle mehr. Umso intensiver kommuniziert das Festival mittlerweile via Theatertreffen-Blog mit dem Rest der Theaterwelt.

Das Theatertreffen dauert bis 21. Mai. Infos:

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