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Montag, 12. März 2012

Pankower Sparpläne: Kulturareal Thälmannpark gerettet?


Die massiven Proteste gegen die Schließung von Kultur- und Bildungseinrichtungen in Pankow zeigen Wirkung. Die ehrenamtlich betriebenen Bibliotheken in Französisch Buchholz und Wilhelmsruh, die Senioreneinrichtung Charlottenhof und die Gartenarbeitsschule bleiben erhalten, darauf hat sich das Bezirksamt Pankow vergangene Woche verständigt. Nach Angaben von SPD und Grünen ist auch das Kulturareal im Thälmannpark gerettet, die Tragfähigkeit der Lösung wird allerdings von den Betroffenen angezweifelt. Aufgrund des - an den Klickzahlen des Blogs ablesbaren - großen Interesses an dem Thema dokumentieren wir ihre Stellungsnahme (siehe unten). Mehr unter 


Ungewiss sind immer noch die Zukunft des einzigartigen Bezirksmuseums in der Heynstraße und der Galerie an der Breiten Straße, deshalb ist es sicher richtig, den öffentlichen Druck aufrecht zu erhalten. Das Aktionsbündnis der Künstler ruft dazu auf, zur nächsten Bezirksverordnetenversammlung am Mittwoch, dem 14. März 2012, wieder zahlreich zu erscheinen. Beginn der Protestveranstaltungen um 16.30 Uhr, Sitzungsbeginn 17.30 Uhr im BVV-Saal an der Fröbelstraße 1, Haus 7. 

Presseerklärung des Aktionsbündnisses Berliner Künstler zur angeblichen Rettung der Kommunalen Kultureinrichtungen im Ernst-Thälmann-Park
 
Vom 11.03.2012
 
Gerettet oder nicht gerettet – das ist hier die Frage!
 
Die Pankower Bezirkspolitiker erklären uns, dass in den Bezirken gespart werden muss, denn auch Berlin muss sparen, weil ganz Deutschland sparen muss. Wir leben also in sparsamen Zeiten. Aber sind da nicht eben noch Milliarden von unseren Steuergeldern ausgegeben worden, um Banken zu retten? Will Berlin nicht gerade in diesen sparsamen Zeiten eine neue Landesbibliothek für 260 Millionen Euro bauen? Bekommen in diesen sparsamen Zeiten nicht Kurzzeit-Bundespräsidenten und – Senatoren Ehrensolde und Abfindungen, die in keiner Relation zu ihren Leistungen stehen?

 
Am 14.03.2012 wird auf der Bezirksverordnetenversammlung Pankow der neue Haushalt beschlossen werden. Das Rettungsmodell für das bedrohte Kulturareal Thälmann-Park: Die Gebäude an der Danziger Str. 101-105 sollen an die landeseigene Stiftung der Treuhand GSE (Gesellschaft für Stadtentwicklung) übertragen werden. Von der muss der Bezirk dann die Einrichtungen zurückmieten. Diese Lösung würde dem Bezirk tatsächlich Geld sparen, wenn auch weniger als zunächst erwartet und nicht sofort.
Mit Abstand betrachtet zeigt sich hier aber auch die ganze Absurdität realer deutscher Politik. Kein Mensch, der ein Haus besitzt, würde es einer fremden Gesellschaft in treuhänderische Verwaltung geben, um es dann selbst zurück zu mieten. Normal wäre doch, es selbst zu behalten, eventuell einen Kredit aufzunehmen und es dann zu sanieren. Die einen sprechen bei diesem Modell von Rettung, die anderen von Ausverkauf…
Eine wichtige Frage ist auch: Kann der Bezirk sich das Rettungsmodell GSE zukünftig leisten bei dem immer größer werdenden Spardruck oder muss dann leider wieder stärker wirtschaftlich gedacht werden? Die Galerie Pankow ist zum Beispiel genau deshalb in Gefahr, weil sie in einem Mietobjekt sitzt und der Bezirk nicht mehr gewillt ist, diese Miete zu zahlen.
 
Schnelle Lösungen braucht das Land! Trotz offener Fragen?
 
SPD und Bündnis90/ Grüne verkündeten am 09.03. in einer gemeinsamen Presseerklärung, dass die Einrichtungen des Kulturstandortes Thälmannpark gerettet sind. Das Aktionsbündnis Berliner Künstler würde die Rettung der kommunalen Einrichtungen des Kulturareals gern feiern. Aber wir haben noch nicht mal den Sekt dazu gekauft und das aus gutem Grund.
Am 08.03. (also erst einen Tag zuvor!) tagte der Finanzausschuss zusammen mit dem Kulturausschuss, um die Lage erstmals (!) gemeinsam zu beraten. Die Sitzung wurde ohne Ergebnis vertagt und wird am 12.03. fortgesetzt. Die GSE hat das Gebäude noch nicht mal von innen gesehen, hat nichts geprüft, hat keine Miethöhe benannt. Die BVV hat noch keinen Haushalt beschlossen und das heißt auch, dass noch immer Bürgermeister Köhnes Formulierung von der Schließung der Einrichtungen in der Vorlage steht.
Bei aller Anerkennung, dass die Bezirkspolitiker von SPD und Bündnisgrünen in den letzten Wochen fieberhaft nach machbaren Lösungen suchten, ist es also mehr als verfrüht, heute schon von einer Rettung zu sprechen. Hier wird ein Bärenfell verteilt, während der Bär noch nicht mal erlegt ist.
Nach Auskunft der für Immobilien zuständigen Stadträtin Christine Keil (Linke) wird ein Vertrag mit der GSE frühestens in 6-9 Monaten unterschriftsfertig sein.
Frau Keil wörtlich in der Sitzung vom 08.03.: „Wir können noch gar nichts verhandeln und können noch kein Modell zeigen, weil weder ein Konzept für dieses Areal vorhanden ist, noch ein Angebot von Seiten der GSE besteht.“ Und dann kommt es auf das Kleingedruckte an, zum Beispiel auf die Frage, für wie lange und ob der Bezirk die Infrastruktur für seine Kommunalen Einrichtungen WABE, Theater unterm Dach, Galerie parterre, Kunstwerkstätten und Jugendtheateretage zurückmieten will.
 

Fragen über Fragen

 
Dieser an sich absurde und mit Gefahren für die Existenz der Kultur versehene Weg könnte im Pankower Trauerspiel tatsächlich eine derzeitige Lösung sein, vielleicht eine Zwischenlösung. Viel wird davon abhängen, ob Bezirkspolitiker und GSE bereit sind, die Künstler und Bürger in diesen Prozess demokratisch einzubeziehen. Wir gehen im Moment davon aus, dass sie es tun werden.
Bleibt aber die generelle Frage – und da sind wir alle als Bürger gefragt – ob wir es weiter zulassen wollen, dass privatisiert wird, was von öffentlicher Hand zu sozialen Preisen für uns finanziert werden müsste. Sonst fragen wir uns später, wo sind eigentlich die kleinen Clubs, die kommunalen Bibliotheken, wo die Museen, wo die Jugendfreizeiteinrichtungen, wo die Orte für die älteren Bürger geblieben… Und dann fragen wir weiter, wo sind Freiräume, Treffpunkte und bezahlbare Räume für alle – ja wo sind denn eigentlich alle hingezogen?
Und wenn das alles nicht mehr da ist – wo ziehen wir dann hin?

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