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Donnerstag, 29. März 2012

Im Theater (32): Murmel Murmel an der Volksbühne

Rechteckige Farbfelder gleiten von links und rechts durch die Guckkastenbühne, verschlucken einzelne Schauspieler und lassen andere am selben Platz sichtbar werden. Die raffiniert inszenierte Applausordnung ist der Höhepunkt der jüngsten Inszenierung von Herbert Fritsch an der Volksbühne, die gestern abend Premiere hatte. Der Regisseur selbst hat dafür eine raffinierte Installation monochromer Farbflächen erdacht: Sie lassen sich so gegeneinander verschieben, dass immer neue abstrakte Bilder und Räume vor dem Auge des Betrachters entstehen. Darin bewegen sich elf Figuren - acht Herren in grauen Anzügen und drei Damen mit mächtig aufgebrezelten Frisuren - wie lustige Farb- oder Schimmelkleckse, übertrieben gestikulierend und grimassierend und ein einziges Wort ausstoßend: "Murmel Murnel Murmel Murmel Murmel ...."
Der Abend ist eine Hommage an die gegenstandslose Kunst und an Dieter Roth, der 1974 im Eigenverlag das Theaterstück "Murmel" herausbrachte. Es besteht nur aus diesem Wort und erlebte gestern seine deutschsprachige (!) Uraufführung. Ein Triumph, obwohl diese Inszenierung keinen so starken Eindruck hinterlässt wie die zum diesjährigen Theatertreffen eingeladene Spanische Fliege (heute abend auf dem Spielplan) des immer zu Theaterspäßen aufgelegten Regisseurs. Der Musiker Ingo Günther an Marimbaphon und Orgel legt einen abwechslungreichen Klangteppich unter die Tanzeinlagen und grotesken Verrenkungen der Schauspieler. Ohne seinen Drive würden das Gewusel und Kulissengeschiebe sehr viel rascher ermüden. Fritschs  Versuch, Theater wie ein gegenstandsloses Bildwerk zu inszenieren, ohne Geschichte, ohne Charaktere und ohne tieferen Sinn, trägt 70 Minuten, danach herrscht Kindergeburtstagsstimmung im Saal: Mission erfüllt!

Aufführungstermine: www.volksbuehne-berlin.de






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