Schon die verunglückte Namensgebung macht deutlich, wer hinter der „Deutschen Content Allianz“ steht, die sich gestern in Berlin vorstellte. Musiker, Schriftsteller oder Filmemacher würden ihre Werke wohl kaum freiwillig als „content“ bezeichnen. Das sind sie nur in den Augen derjenigen, die das gültige Urheberrecht als „Verwerter“ schöpferischer Leistungen definiert. Aber wer hätte schon Sympathien für eine „Allianz der Verwerter“?
Genau das aber ist die neue Schlachtordnung, die Pressefotografen gestern ablichten durften. Bisher kannte man Jürgen Doetz, den Präsidenten des Privatsenderverbandes, und die Vorsitzenden von ARD und ZDF, Monika Piel und Markus Schächter, vor allem als medienpolitische Kontrahenten. Flankiert wurde ihre neue Eintracht von den Spitzen des Börsenvereins des Buchhandels, der GEMA, des Bundesverbandes Musikindustrie und der Allianz Deutscher Filmproduzenten. Der Bundesverband der Zeitungsverleger sympathisiere mit dem Bündnis, hieß es auf Nachfrage, sei aber „aus formalen Gründen“ nicht in der Lage gewesen, sich schnell genug einzureihen.
„Ein neuer Dachverband ist das nicht“, beruhigte Jürgen Doetz. Aber es gebe übereinstimmende Interessen, die man künftig gemeinsam besser vertreten wolle. Hauptadressat ist die Politik, insbesondere die Bundesjustizministerin: Die Allianz fordert rasch gesetzliche Regelungen, um teuer produzierte und eingekaufte Inhalte im Internetzeitalter besser zu schützen. Die GEMA habe im vergangenen Jahr gerade mal 13 Millionen Euro im Internet erwirtschaftet, das sei skandalös wenig, sagte deren Chef Harald Heker. „90 Prozent der neuen Filme, die ins Kino kommen, werden im Internet illegal zum Download angeboten“, wiederholte Stefan Kuchenreuter vom Verband der Filmwirtschaft eine schon oft gehörte Klage. Die neue Lobby will der Politik Beine machen, endlich energisch gegen den laxen Umgang mit Urheberrechten im Internet vorzugehen.
Sie wendet sich gegen eine Netzcommunity, die einer Regulierung der schönen neuen Medienwelt eher ablehnend gegenüber steht. Aber auch die wachsende Macht der Netzbetreiber oder von Google und Facebook sehen die Inhalteanbieter mit Sorge. Markus Schächter und Monika Piel fürchten gar ein „Diskriminierung“ des öffentlich-rechtlichen Angebots, etwa dann, wenn Netzbetreiber dazu übergehen, sich dafür bezahlen zu lassen, dass sie andere Inhalte rascher transportieren.
„Wir stehen am Beginn des digitalen Jahrzehnts“, verkündete Markus Schächter. Der ZDF-Chef rechnet damit, dass bis 2015 alle neuen Fernseher internetfähig sein werden. Beim rasanten technologischen Wandel drohten die Inhalte und die Frage ihrer Refinanzierung vergessen zu werden, warnten alle Beteiligten. Die Vielfalt der Inhalte sei immerhin auch ein schützenwertes Kulturgut und wichtig für die Demokratie.
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