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Montag, 14. September 2015

Fregestraße 19: Ein Buch über die Berliner Villa des Schriftstellers Hans Magnus Enzensberger

Fregestraße 19 in Friedenau. Foto: Bienert
Das wusste selbst der historisch so bewanderte Hans Magnus Enzensberger nicht: In der Villa in Friedenau, die ihm von 1964 bis 1978 gehörte, in der die "Kommune 1" kurzzeitig hauste und sich Linksintellellektuelle wie Gaston Salvatore, Rudi Dutschke, Peter Schneider und Hans Werner Henze die Klinke in die Hand gaben, in eben jenem Haus in der Fregestraße 19 hat der Obernazi Hermann Göring vor dem Ersten Weltkrieg einen Teil seiner Jugend verbracht. Pikanterweise gehörte das Haus seinerzeit einem jüdischen Rittergutsbesitzer, mit dem die Mutter des späteren Reichsmarschalls und Reichjägermeisters ein intensives Verhältnis hatte, und zwar mit Wissen und Billigung ihres Mannes. Hermann Görings jüngster Bruder Albert, der die NS-Ideologie ablehnte, war wohl eine Frucht jener offenen deutsch-jüdischen Dreierbeziehung. Alleine dieser Einblick ins Liebesleben seiner Bewohnerschaft lohnt die Lektüre des liebevoll ausgestatteten Buches über das kleine Haus in der Fregestraße, das damit zu einer Hauptsehenswürdigkeit im - an Prominentenadressen ohnehin reichen - Friedenau aufsteigt. "Eine beliebige Adresse kann also den Blick auf ein ganzes Bündel von merkwürdigen Geschichten freigeben, wenn ein geduldiger Amateur allerhand unbedeutende Zeugen befragt und vergilbte Baupläne, Ahnentafeln, Archivkästen und alte Photos hervorkramt. Vielleicht stellt die Mikrohistorie, in der die Kontingenz regiert, manchmal sogar die großen Erzählungen in den Schatten", schreibt Hans Magnus Enzensberger in seinem Vorwort zur Geschichte seines Berliner Hauses. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Christian H. Freitag
Ritter, Reichsmarschall & Revoluzzer
Aus der Geschichte eines Berliner Landhauses
88 Seiten, gebunden
Edition Friedenauer Brücke
ISBN 978-3-9816130-2-5
24 Euro

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