Das neue literaturblatt für baden-württemberg ist da! Darin würdigt Michael Bienert zwei Ausnahmebücher der Berlin-Literatur, den "Literarischen Führer Berlin" anlässlich des 90. Geburtstages von Fred Oberhauser und den aktuellen Großessay Berlin ist zu groß für Berlin von Hanns Zischler.
Die Stadt unter den Sohlen
von Michael Bienert
Seit 250 Jahren knabbern die in Berlin ansässigen
Schriftsteller an der Frage, was für ein seltsames Ding denn ihre Stadt sei. In
der Zwischenzeit hat sich Berlin wiederholt bis zur Unkenntlichkeit vergrößert,
verändert, ruiniert, zerstückelt, zusammengeflickt und wiederaufgebaut, so dass
von allen Deutungsversuchen vor allem ein Bonmot haften blieb: Diese Stadt sei
dazu verdammt, immerzu zu werden und niemals zu sein, so Karl Scheffler 1910 in
seinem Großessay „Berlin. Ein Stadtschicksal“. Nun nimmt der Kenner und
Liebhaber der Stadtpublizistik, der passionierte Flaneur, Kulturforscher und
(bekanntermaßen) Schauspieler Hanns Zischler einen neuen Anlauf, das Drama der
Berliner Stadtentwicklung durchschaubar zu machen. „Berlin ist zu groß für
Berlin“ – der pointierte Buchtitel schließt wie ein Zauberschlüssel viele
Berlin-Phänomene auf. An allen Ecken und Enden wirkt diese Millionenstadt
unfertig. scheint nicht zu Ende gedacht, geplant, gebaut und dann wieder dem
Zufall überlassen. Es sind die sichtbaren Spuren eines unkontrollierbaren
Wachstums im 19. Jahrhundert und der politisch-ideologischen Verwerfungen des
20. Jahrhunderts, aber auch Symptome der aktuellen Misere. Zwei Jahrzehnte nach
der Wiedervereinigung ist die ehemals prosperierende Industriemetropole immer
noch nicht wieder in der Lage, sich wirtschaftlich selbst zu tragen. Ohne
Länderfinanzausgleich und Finanzspritzen des Bundes für die Hauptstadtkultur würde
Berlin kollabieren. Lebensgefährliche Schlaglöcher in den Straßen, die
Verwahrlosung des Stadtgrüns oder das Flughafenplanungschaos sprechen für
Zischlers These, dass die aufgeblähte Metropole ihren Aufgaben schlicht nicht
gewachsen ist.
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Freitag, 28. Juni 2013
Donnerstag, 27. Juni 2013
Berliner Kulturhaushalt: Die Freie Szene ist sauer - mit gutem Grund
Nach der Veröffentlichung der gestrigen Senatsbeschlüsse zum Kulturhaushalt in den kommenden beiden Jahren ist der Frust in der Freien Szene groß. Wir dokumentieren die Stellungnahme, die die Koalition der Freien Szene heute veröffentlicht hat:
So qualitativ hochwertig, international anziehend und vielfältig die Kulturlandschaft Berlins derzeit noch ist, sie soll - wenn es nach dem Senat geht – nun zur Brache verkommen. Denn im nächsten Doppelhaushalt sind vom Kultursenator Klaus Wowereit trotz gegenteiliger Vorsätze der Regierungskoalition keine Investitionen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die überwiegend selbständigen Kunst- und Kulturschaffenden vorgesehen:
Kulturstaatssekretär André Schmitz: „Die Zuwendungen an die Freie Szene konnten mit ca.10 Millionen Euro auf dem bisherigen Niveau gehalten, im Bereich der Stipendienförderung sogar erhöht werden.“ Im Verhältnis zu dem in 2015 – im Wesentlichen für die Tarifanpassungen der Institutionen – auf 395 Millionen Euro anwachsenden Gesamtkulturetat entsprechen die unveränderten Zuwendungen für die Freie Szene in Höhe von 10 Millionen Euro nur noch ca. 2,5 %. Jetzt – solange die Freie Szene noch den Motor Berlins bildet, solange fünf von sieben Touristen wegen der Lebendigkeit und Vielfältigkeit der Kultur in diese Stadt kommen1 und den Ruf der Einmaligkeit dieser Stadt in alle Welt verbreiten - wäre es die Pflicht des Kultursenators gewesen, in der Freien Szene, wenn schon nicht ihren Beitrag zur Lebensqualität der Stadt, zumindest den Aspekt des Wirtschaftsfaktors zu erkennen und in sie zu investieren. Das erkennen die IHK und die DeHoGa.
So qualitativ hochwertig, international anziehend und vielfältig die Kulturlandschaft Berlins derzeit noch ist, sie soll - wenn es nach dem Senat geht – nun zur Brache verkommen. Denn im nächsten Doppelhaushalt sind vom Kultursenator Klaus Wowereit trotz gegenteiliger Vorsätze der Regierungskoalition keine Investitionen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die überwiegend selbständigen Kunst- und Kulturschaffenden vorgesehen:
Kulturstaatssekretär André Schmitz: „Die Zuwendungen an die Freie Szene konnten mit ca.10 Millionen Euro auf dem bisherigen Niveau gehalten, im Bereich der Stipendienförderung sogar erhöht werden.“ Im Verhältnis zu dem in 2015 – im Wesentlichen für die Tarifanpassungen der Institutionen – auf 395 Millionen Euro anwachsenden Gesamtkulturetat entsprechen die unveränderten Zuwendungen für die Freie Szene in Höhe von 10 Millionen Euro nur noch ca. 2,5 %. Jetzt – solange die Freie Szene noch den Motor Berlins bildet, solange fünf von sieben Touristen wegen der Lebendigkeit und Vielfältigkeit der Kultur in diese Stadt kommen1 und den Ruf der Einmaligkeit dieser Stadt in alle Welt verbreiten - wäre es die Pflicht des Kultursenators gewesen, in der Freien Szene, wenn schon nicht ihren Beitrag zur Lebensqualität der Stadt, zumindest den Aspekt des Wirtschaftsfaktors zu erkennen und in sie zu investieren. Das erkennen die IHK und die DeHoGa.
Erfolg in Serie: "Cabaret" ist wieder da!
Nach zwei Jahren Spielpause ist während des Theaterferien-Sommerlochs im Tipi am Kanzleramt wieder das Berlin-Musical Cabaret zu sehen. Die höchst erfolgreiche Inszenierung ist inzwischen neun Jahre alt, wir fanden sie schon bei der Premiere ein wenig angestaubt, aber durchaus sehenswert. Die Besetzung wurde inzwischen mehrfach ausgetauscht. Hier Michael Bienerts Premierenkritik aus der STUTTGARTER ZEITUNG vom 25. Oktober 2004, erschienen unter dem Titel "Ein sauberes Cabaret":
Manche Theateraufführungen beziehen ihren unwiderstehlichen Reiz aus dem Ort, an dem sie stattfinden. Darauf spekulierten die Betreiber der Berliner "Bar jeder Vernunft", als sie das finanzielle Wagnis eingingen, ein aufwändiges Musical auf den Spielplan ihrer intimen Kleinkunstbühne zu setzen. "Cabaret" im Varieté: Diese Rechnung scheint aufzugehen. Schon vor der Premiere lagen tausende Kartenvorbestellungen vor, hatten die Wiener Festwochen die Produktion für das Jahr 2006 eingeladen. Die bloße Vorstellung, das Zwanziger-Jahre-Musical an kleinen Tischen im intimen Jugendstilambiente des Spiegelzelts serviert zu bekommen, wirkte bereits enthusiasmierend.
Da die Zuschauer dort nicht nur Voyeure vor einer Guckkastenbühne sind, sondern zugleich unentbehrliche Statisten im Kit Kat Klub des Stücks, beginnt die Inszenierung, sobald man den Mantel an der Garderobe im Vorzelt abgegeben hat. Während die Eintretenden ihre Plätze angewiesen bekommen, kulinarisch versorgt werden, Promis andere Promis begrüßen, erreichen Spannung und Raumtemperatur einen ersten Höhepunkt. Dieser Klub ist tatsächlich der "heißeste Platz in Berlin", wie es später im Text heißt. Verrucht, aber nicht verraucht. Sicherheitshalber werden die Aschenbecher vor Beginn der Musikdarbietungen eingesammelt, um die Stimmen der Künstler zu schonen.
Manche Theateraufführungen beziehen ihren unwiderstehlichen Reiz aus dem Ort, an dem sie stattfinden. Darauf spekulierten die Betreiber der Berliner "Bar jeder Vernunft", als sie das finanzielle Wagnis eingingen, ein aufwändiges Musical auf den Spielplan ihrer intimen Kleinkunstbühne zu setzen. "Cabaret" im Varieté: Diese Rechnung scheint aufzugehen. Schon vor der Premiere lagen tausende Kartenvorbestellungen vor, hatten die Wiener Festwochen die Produktion für das Jahr 2006 eingeladen. Die bloße Vorstellung, das Zwanziger-Jahre-Musical an kleinen Tischen im intimen Jugendstilambiente des Spiegelzelts serviert zu bekommen, wirkte bereits enthusiasmierend.
Da die Zuschauer dort nicht nur Voyeure vor einer Guckkastenbühne sind, sondern zugleich unentbehrliche Statisten im Kit Kat Klub des Stücks, beginnt die Inszenierung, sobald man den Mantel an der Garderobe im Vorzelt abgegeben hat. Während die Eintretenden ihre Plätze angewiesen bekommen, kulinarisch versorgt werden, Promis andere Promis begrüßen, erreichen Spannung und Raumtemperatur einen ersten Höhepunkt. Dieser Klub ist tatsächlich der "heißeste Platz in Berlin", wie es später im Text heißt. Verrucht, aber nicht verraucht. Sicherheitshalber werden die Aschenbecher vor Beginn der Musikdarbietungen eingesammelt, um die Stimmen der Künstler zu schonen.
Mittwoch, 26. Juni 2013
Noch mehr Geld: Auch der Bund will bei Kulturausgaben zulegen

Berliner Kulturetat wächst weiter - Opposition vermisst Stärkung der freien Szene
Kulturstaatsekretär André Schmitz ist zufrieden: Trotz Einbrüchen bei den Einnahmen Berlins durch die Ergebnisse des Mikrozensus, trotz Sparmaßnahmen wie der Absage der Bauausstellung 2020 sind im Doppelhaushalt 2014/15 steigende Kulturausgaben vorgesehen. Dazu erklärt die Kulturverwaltung: "Der Zuschuss für konsumtive Ausgaben erhöht sich um ca. 10 Millionen
Euro von 367,9 Millionen Euro im Jahre 2013 auf 377,9 Millionen Euro für 2014
und um weitere 17 Millionen Euro auf 395,8 Millionen Euro im Jahr 2015. Das
entspricht einem prozentualen Zuwachs von 2,7% in 2014 gegenüber 2013 und
weiteren 4,7 % für 2015.
Der weitaus größte Anteil der Erhöhungen dient der notwendigen Anpassung der Tarifstrukturen für die Beschäftigten der Stiftung Oper, der Theater, Museen und Gedenkstätten und anderer öffentlich-rechtlicher Zuschussempfänger auf das Landesniveau sowie der Umsetzung der Mindestlohnregelung nach dem Berliner Vergabegesetz.
Der weitaus größte Anteil der Erhöhungen dient der notwendigen Anpassung der Tarifstrukturen für die Beschäftigten der Stiftung Oper, der Theater, Museen und Gedenkstätten und anderer öffentlich-rechtlicher Zuschussempfänger auf das Landesniveau sowie der Umsetzung der Mindestlohnregelung nach dem Berliner Vergabegesetz.
Die
Zuwendungen an die Freie Szene konnten mit ca. 10 Millionen Euro auf dem
bisherigen Niveau gehalten, im Bereich der Stipendienförderung sogar erhöht
werden. Der Etatentwurf enthält
Planungs- und Bauraten für den Bau der neuen Zentral- und Landesbibliothek und
unterstreicht damit auch haushalterisch das Bekenntnis des Senats zu diesem
kulturell bedeutsamen Bildungs- und Infrastrukturprojekt, dessen
Grundsteinlegung damit noch in dieser Legislaturperiode erfolgen kann. Der
Landesanteil für die jeweils zur Hälfte von Land und Bund finanzierten
Einrichtungen wie die Stiftung Berliner Mauer, die Stiftung Topografie des
Terrors und der Gedenkstätte Hohenschönhausen wurde in einem Maße aufgestockt,
die dem steigenden Besucherinteresse gerecht wird."
Die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, Sabine Bangert, sieht die Beschlüsse kritisch. Sie zitiert den Koalitionsvertrag von SPD und CDU: "Der anhaltende Zuzug von Kunstschaffenden und Kreativen hat Berlin zu einem national und international ausstrahlenden Anziehungspunkt für Künstlerinnen und Künstler gemacht. Der weitaus größte Teil dieser Akteure ist selbstständig. Um diese Kreativszenen weiterhin anzuziehen und an Berlin zu binden, müssen die Rahmenbedingungen für die freie Szene – Räume, Produktionsmittel, Qualifikationen, Netzwerke – verbessert werden. Die günstigen Lebenshaltungskosten und insbesondere die Verfügbarkeit von preiswerten innerstädtischen Arbeitsorten sind die zentralen Bedingungen für den Erfolg Berlins als einem der wichtigsten Orte der Kunstproduktion. Die Koalition will die freie Szene verstärkt fördern. Sie wird daher verstärkt die Infrastruktur verbessern, wie z. B. der Ausbau von Ateliers oder die Sicherung von Probe- und Projekträumen." Dazu Sabine Bangert:
"Nun stellen wir fest, der Koalitionsvertrag ist das Papier nicht wert, auf dem er geschieben wurde.
Zur Makulatur verkommen auch Ergebnisse, die z.B. im Rahmen des K2 Dialogs mit den Kreativen dieser Stadt für ingesamt 60.472,23 Euro erarbeitet wurden. SPD und CDU haben bis heute kein Konzept, wie die Potentiale der Kulturmetropole langfristig entwickelt werden sollen. Unter der Verantwortung des Regierenden Büürgermeisters ist ein kulturpolitischer Stillstand eingetreten. Kulturpolitik wird nicht gestaltet sondern es herrscht eine langweilige, maximale Problemvermeidungsstrategie.
Es bleibt zu hoffen, dass das Parlament dem Vorschlag des Senats nicht folgt und entsprechende Veränderungen zur Stärkung der freien Szene im Haushaltsplan vollzieht."
Die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, Sabine Bangert, sieht die Beschlüsse kritisch. Sie zitiert den Koalitionsvertrag von SPD und CDU: "Der anhaltende Zuzug von Kunstschaffenden und Kreativen hat Berlin zu einem national und international ausstrahlenden Anziehungspunkt für Künstlerinnen und Künstler gemacht. Der weitaus größte Teil dieser Akteure ist selbstständig. Um diese Kreativszenen weiterhin anzuziehen und an Berlin zu binden, müssen die Rahmenbedingungen für die freie Szene – Räume, Produktionsmittel, Qualifikationen, Netzwerke – verbessert werden. Die günstigen Lebenshaltungskosten und insbesondere die Verfügbarkeit von preiswerten innerstädtischen Arbeitsorten sind die zentralen Bedingungen für den Erfolg Berlins als einem der wichtigsten Orte der Kunstproduktion. Die Koalition will die freie Szene verstärkt fördern. Sie wird daher verstärkt die Infrastruktur verbessern, wie z. B. der Ausbau von Ateliers oder die Sicherung von Probe- und Projekträumen." Dazu Sabine Bangert:
"Nun stellen wir fest, der Koalitionsvertrag ist das Papier nicht wert, auf dem er geschieben wurde.
Zur Makulatur verkommen auch Ergebnisse, die z.B. im Rahmen des K2 Dialogs mit den Kreativen dieser Stadt für ingesamt 60.472,23 Euro erarbeitet wurden. SPD und CDU haben bis heute kein Konzept, wie die Potentiale der Kulturmetropole langfristig entwickelt werden sollen. Unter der Verantwortung des Regierenden Büürgermeisters ist ein kulturpolitischer Stillstand eingetreten. Kulturpolitik wird nicht gestaltet sondern es herrscht eine langweilige, maximale Problemvermeidungsstrategie.
Karl Philipp Moritz
"Er ist Philosoph und Weltbürger, dem es gar nicht einfällt, sein eigenes Ich zu schonen, wo es darauf abkommt, der Wahrheit und Schönheit zu huldigen", schrieb Schiller über den Schriftsteller, Altertumsforscher, Pädagogen und Zeitungsmacher Karl Philipp Moritz, der heute vor 220 Jahren in Berlin starb. Das Literaturforum im Brecht-Haus veranstaltet vom 15. bis 20. Juli eine Karl-Philipp-Moritz-Woche, die wir mit einem Stadtspaziergang ins Berlin der Spätaufklärung beschließen. Das Motto "Unübersehbar ist die weite Fläche der Stadt" stammt aus einem Berlin-Gedicht von Moritz, das er Friedrich dem Großen widmete, um den König von den poetischen Möglichkeiten der deutschen Sprache zu überzeugen. Termin: 20. Juli, 14 Uhr, Anmeldung erforderlich unter Tel. 030-2822003. - Wegen der großen Nachfrage: Zusatztermin am 10. August 2013, 14 Uhr! Anmeldung erbeten unter moritz@text-der-stadt.de
Mittwoch, 19. Juni 2013
Im Theater (49): Herbert Fritsch inszeniert "Frau Luna" an der Volksbühne
Auf einem roten Fahrrad schwebt der Regisseur Herbert Fritsch beim Schlussapplaus über die Bühne - und wird von Schauspielern, Sängern und Publikum bejubelt, denn mit seiner Frau Luna-Inszenierung an der Volksbühne ist ihm ein großer Wurf gelungen. Der Paul-Lincke-Operette von den vier Berlinern, die mit einem Ballon zum Mond reisen, liefert das Gerüst für eine schrille Mischung aus Slapstick, Steptanz, Comedy, Clownszirkus und Musiktheater, fernab von Marschmusik und Schnulzenseligkeit. Der Musiker Ingo Günther hat die Hits von einst mit modernen Rhythmen und spacigen Synthesizersounds unterlegt, nur leider - und das ist die einzige Vergnügensbremse an diesem Abend - die Tonmischung nicht so hinbekommen, dass man die Sänger gut versteht. Hinreißend schräge Figuren gibt es viele zu bestaunen: Florian Anderer steppt als Fritz Steppke, was das Zeug hält, Ruth Rosenfeld gibt die große Verführerin als Frau Luna, Nora Buzalka ein aufgetakeltes Pfundsweib namens Pusebach. Hubert Wild bringt seinen Prinz Sternschnuppe zwischen Todtraurigkeit und totaler Lächerlichkeit zum Flirren. Den Chor holt Fritsch mit Fahrrädern auf die Drehbühne, eine von vielen genial einfachen und wirkungsvollen Ideen. Am Schluss erklingt nicht das schmissige Das ist die Berliner Luft, sondern ein Memento Mori: "Ist die Welt auch noch so schön / einmal muss sie untergehn / darum springt / und genießt, was der Tag euch noch bringt..." Herbert Fritsch lässt es krachen, sein Ensemble springt und steppt und albert und singt, als gäbe es kein Morgen. Und das ist in dieser irren Konsequenz, menschenfreundlichen Radikalität und artistischen Hingabe nicht nur sehr unterhaltsam, sondern auch herzerwärmend.
Dienstag, 18. Juni 2013
Obama am Potsdamer Platz
Im Hotel Ritz Carlton (auf dem Foto links) verbringt Barack Obama die Nacht, angeblich hat er sich für das Hotel wegen des tollen Fitnessraums entschieden. Das Foto stammt aus unserem neuen Bildband Potsdamer Platz - am Puls von Berlin. Hätten wirs früher gewusst, wir hätten das ideale Kopfkissenbuch für Hotelgäste am Potsdamer Platz vorab ins Weiße Haus geschickt. Es enthält alle Texte auch auf englisch und in fünf weiteren Sprachen...
Studio Berlin

Dienstag, 11. Juni 2013
Ein Blick auf die Berliner Schlossbaustelle
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Vor dem ins Staatsratsgebäude eingebauten Schlossportal (Mitte) entsteht das Fundament für die Schlosskopie. Foto: Bienert |
Sonntag, 2. Juni 2013
Anish Kapoor im Berliner Martin-Gropius-Bau
Von Elke Linda Buchholz - Im Lichthof des Martin-Gropius-Baus ist eine riesenrote Sonne aufgegangen. Als Hommage an den Konstruktivisten El Lissitzky und seine abstrakte Grafikserie „Sieg über die Sonne“ hat der Bildhauer Anish Kapoor die geometrische Scheibe hoch oben auf ein Stahlgerüst geschraubt. Schwarze Balken stechen von allen vier Seiten diagonal in den Raum. Ganz im Sinne des maschinenbegeisterten Konstruktivismus sind sie nicht nur abstrakte Formelemente, sondern funktionieren zugleich als elektrische Förderbänder. Leise vor sich hin surrend befördern sie gewaltige, rote Wachsblöcke in die Höhe und lassen sie dann herabstürzen. Brutal zerplatzen die geometrischen Volumen mit dumpfem Knall am Boden zu einer amorphen Masse und türmen sich wie Schlachtabfälle zu stetig anwachsenden Haufen. Ein Work in Progress, das in den kommenden Monaten noch an Form gewinnt.
Der international gefeierte Bildhauer liebt die monumentalen Formate und überwältigt das Publikum schon allein durch die schiere Präsenz der Materialien. Seine neueste Installation hat er eigens für Berlin ersonnen, als Herzstück seiner ersten umfassenden Retrospektive in Deutschland mit 70 Werken aus den letzten 25 Jahren. Die Lichthof-Installation „Symphony for a Beloved Sun“ sucht bewusst den Dialog mit der Geschichte des Ortes, und zwar nicht nur mit El Lissitzky, der in den Zwanziger Jahren in Berlin lebte. Direkt neben dem Ausstellungshaus hält die „Topographie des Terrors“ die Wunden der deutschen Geschichte offen. Und auch Joseph Beuys ist in Kapoors Installation präsent: Der hatte im Lichthof 1982 einen gewaltigen Berg aus rohem Ton aufgehäuft – im Rahmen der legendären „Zeitgeist“-Ausstellung. Deren britischer Kurator Norman Rosenthal hat auch die jetzige Kapoor-Schau inszeniert. Als er vor vier Jahren in der Royal Academy London Anish Kapoors Werke zeigte, strömten 300.000 Besucher.
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