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Donnerstag, 7. April 2016

Deutsch-jüdische Intellektuelle in Berlin um 1800: Eine Konferenz im Jüdischen Museum und ein kritischer Debattenbeitrag in der WELT

Avi Lifschitz (links) und Conrad Wiedemann (rechts)
haben die Konferenz im Jüdischen Museum geplant.
Seit gestern widmet sich eine internationale Konferenz im Jüdischen Museum Berlin den "Freundschaften, Partnerschaften und Feindschaften" von deutschen und jüdischen Intellektuellen in Berlin um 1800. Was geschah in Berlin zwischen der Einladung Lessings an Moses Mendelssohn im Sommer 1755, gleichberechtigt an aufgeklärten Gesprächen in einem Gartenhaus an der Spandauer Straße teilzunehmen, und der rechtlichen Gleichstellung der Juden im Jahr 1812? Es gibt zur jüdischen Aufklärungsbewegung, der Haskala, inzwischen eine ausufernde Spezialliteratur, aber - so der Initiator der Konferenz Conrad Wiedemann - keine Gesamtschau der jüdischen Emanzipation als Teil des umstürzenden Mentalitätswandels in der Gesellschaft um 1800. Unklar ist die Rolle der christlichen Mitstreiter, die Juden bei ihrem Ausbruch aus dem rabbinischen Absonderungsgebot unterstützten. Und wie konnte die jüdische Emanzipationsbewegung derart erfolgreich sein, trotz der antisemitische Einstellungen eines großen Teils des gelehrten Berlin?

In seinem Einführungsvortrag sprach Conrad Wiedemann die heikle Frage an, wie denn Judensatiren in dieser Zeit zu bewerten seien. Karikaturen von Juden kommen auch in Werken von Philosemiten wie Julius von Voss vor, sie bedeuten nicht automatisch eine Denunziation sämtlicher Juden, sondern können unter Umständen als Kritik speziell an der jüdischen Orthodoxie gelesen werden, die sich der Haskala entgegen stellte. Die Frage hat eine gewisse Brisanz, weil die Unterstellung, E. T. A. Hoffmanns literarische Judenkarikaturen stempelten den Dichter zum Antisemiten, dazu geführt hat, dass im Jüdischen Museums heute nichts mehr an Hoffmann erinnert. Dabei hat Hoffmann im Altbau als Richter gearbeitet und gehörte für den Architekten Daniel Libeskind zu den geistesgeschichtlichen Bezugspunkten bei der Planung des Neubaus. Libeskinds E.-T.-A.-Hoffmann-Garten heißt heute "Garten des Exils". Michael Bienert macht dieses absurde Verschweigen in dem Buch E. T. A. Hoffmanns Berlin zum Ausgangspunkt seiner Recherche, ganz aktuell hat Alan Posener das Thema in der WELT aufgegriffen: "Ein Gespenst geht um im Jüdischen Museum ... Wie in Hoffmanns Erzählung Das öde Haus, in dem eine verrückte und gemeingefährliche Adelige von ihrer Familie weggesperrt wird, scheint man sich im Jüdischen Museum der gespenstischen Anwesenheit des Juristen, Künstlers, Komponisten und Dichters zu schämen. Hoffmann ist zu einem "Void" geworden, eine Leerstelle sowohl im alten Gebäude als auch im Neubau." (Hier können Sie den ganzen Beitrag lesen.) - Immerhin, es gibt einen Hoffnungsschimmer: In ihrer Begrüßung der Konferenzteilnehmer deutete Cilly Kugelmann vom Jüdischen Museum an, bei der Neugestaltung der Dauerausstellung wolle man  die deutsch-jüdische Interaktion stärker ins Licht rücken. Hoffmann, der engen Umgang mit jüdischen Freunden pflegte und dennoch Judensatiren veröffentlichte, wäre nicht das schlechteste Beispiel, die Ambivalenzen in den deutsch-jüdischen Beziehungen deutlich zu machen.

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