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Montag, 14. November 2011

Im Theater (28): Pauschalreise - Die 1. Generation

Langweilige Leute, diese vor Jahrzehnten nach Deutschland eingewanderten Türken, findet die junge Frau aus der Enkelgeneration und will zurück in die Türkei, das Land ihrer Vorväter. Ihr anatolischer Opa zieht mit seiner Lebensabschnittsgefährtin durch Berliner Swingerclubs, weil es da schön warm ist, pfui. Eine andere junge Deutschtürkin gibt sich als Volkszählerin aus, um Zutritt zur Wohnung von "Berlin Bülbulu" zu bekommen, einer alten Frau, die von 500 Euro Rente in einer Kreuzberger Wohnung lebt. Die Wohnung ließe sich lukrativ verkaufen, wenn man die betagte Immigrantin rausschmeißt. "Berlin Bülbulu" heißt soviel wie Berliner Nachtigall, das ist der Chatname der Dame, die alten türkischen Männern am Telefon Lieder aus der Heimat vorsingt. Zufällig hatte sich "Einsames Herz 61" in sie verliebt, der Opa der angeblichen Volkszählerin, die in Wahrheit den Schätzwert der Wohnung ermitteln soll. Nun liegt er auf einem Berliner Friedhof begraben.
Derart sind die Geschichten, die uns die Akademie der Autodidakten am Ballhaus Naunynstraße zum 50. Jubiläum des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens erzählt. Der Schauplatz ist ironischerweise ein siebter Himmel: Der Boden der Bühne wolkig beflockt, ein gemalter Wolkenhorizont bildet die Kulisse, davor steht eine Parkbank. Da sitzt ein alter Opa mit seiner Enkelin, die für ihn ins Deutsche übersetzt, denn in der Arztpraxis der türkischstämmige jungen Hausärztin wird prinzipiell Deutsch gesprochen. Außerdem steckt sie voller Ressentiments gegen die türkischen Immigranten, für die einem deutschen Arzt sofort die Approbation entzogen werden würde. In der letzten Szene der Jubiläumsrevue nehmen drei türkische Mütter auf der Bank Platz und erzählen die herzzerreißende Geschichte eines Jungen, der am ständigen Hin- und Hergeschobenwerden zwischen den Eltern in Deutschland und der Verwandtschaft in der Türkei irre geworden ist. - Ein kurzweiliger, von Lukas Langhoff klug inzenierter Abend, der von Szene zu Szene auch schauspielerisch immer stärker wird. Die Jungen (Kader Arslan, Muart Dikenci, Çidem Topbaş, Duygu Şebnem İnce) haben es nicht ganz leicht neben den Alten (Serpil Şimşek Bierschwale, Nuri Sezer, İdil Laçin, Sema Poyraz), die mit großer Ruhe und subtilem Humor ihre Lebenserfahrung als Immigranten in Deutschland ausspielen.
"Pauschalreise - Die 1. Generation" von Hakan Savaş Mican, nächste Vorstellungen vom 28. bis 31. 12. 2011. Hier gehts zum Spielplan und zum Videotrailer.

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