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Dienstag, 30. Dezember 2014

Zum Fontanegeburtstag: "Graf Petöfy" gerettet!

Foto: Stadtmuseum Berlin
Pünktlich zum 195. Geburtstag von Theodor Fontane, heute am 30. Dezember 2014, wurde die Restaurierung des handschriftlichen Romanmanuskripts „Graf Petöfy“ erfolgreich abgeschlossen. Möglich wurde dies durch die Unterstützung der Theodor Fontane Gesellschaft, die auch die anschließende Digitalisierung finanzierte. Im Jahr 1902 schenkten die Erben des Dichters dem Märkischen Provinzialmuseum, heute Stadtmuseum Berlin, Erinnerungsstücke sowie seinen Schreibtisch und die darin aufbewahrten Werkmanuskripte. Das Museum verpflichtete sich, die Materialien aufzubewahren, zu pflegen und der Forschung zur Verfügung zu stellen. Im Verlauf der vergangenen 130 Jahre war das Papier so brüchig geworden, dass es nun dringend stabilisiert werden musste. Die Berliner Papierrestauratorin Anika Knop löste die von Fontane aufgeklebten Korrekturzettel ab und fixierte sie am Rand. Dadurch können Wissenschaftler erstmalig auch die vom Dichter überklebten Textstellen einsehen und die Rückseiten der Klebezettel in vollem Umfang auswerten. Im Anschluss an die Restaurierung wurde das Manuskript digitalisiert. Künftig werden die Autographen Fontanes auf der Internetseite des Stadtmuseums Berlin veröffentlicht sein: www.stadtmuseum.de/sammlungen/sammlung-zur-literaturgeschichte. Ziel ist es, bis zum 200. Geburtstag des Dichters im Jahr 2019 den gesamten im Stadtmuseum Berlin erhaltenen handschriftlichen Nachlass von 10.000 Blatt wieder der Forschung zugänglich zu machen. Die Schriftstücke geben dem Betrachter Auskunft über die Arbeitsweise des Dichters und die Entstehungsgeschichte der Werke. Dreiviertel meiner ganzen literarischen Tätigkeit ist überhaupt Korrigieren und Feilen gewesen Und vielleicht ist drei Viertel noch zu wenig gesagt, charakterisierte Fontane seine Arbeitsweise. So schrieb er mit schwarzer Tinte und korrigierte mit Blau-, mit Blei- oder Rotstift. Nicht selten beschrieb er die Seiten bis an den äußersten Rand. Textteile aus bereits verworfenen Fassungen schnitt er aus und überklebte zu korrigierende Passagen. Aus Sparsamkeit verwendete Fontane sogar die leeren Rückseiten von Notizblättern oder verworfenen Textentwürfen für seine Romanmanuskripte. Besonders in der frühen Schaffenszeit verwendete der Autor minderwertiges, holzhaltiges Papier, so auch im Falle des in den 1880er Jahren entstandenen Romans „Graf Petöfy“. (Quelle: Stadtmuseum Berlin, Pressemitteilung/Judith Kuhn)

Sonntag, 14. Dezember 2014

Chamisso in Kunersdorf - Buntbuch 55 erschienen

"Wie ich einmal auf dem Lande Langeweil und Muße genug hatte, fing ich anzu schreiben", berichtet Adelbert von Chamisso 1829 in einem Brief über die Entstehung von Peter Schlemihls wundersamer Geschichte im brandenburgischen Kunersdorf, wohin Freunde den Botaniker und Dichter vor der antifranzösischen Stimmung im Berlin der Freiheitskriege gegen Napoleon in Sicherheit gebracht hatten. Chamisso nährte die Legende, die Erzählung sei quasi absichtslos entstanden, weil dies seiner späteren Poetik entsprach. Doch es gibt Quellen im Nachlass, die ein anderes Licht auf den Entstehungsprozess werfen: "Das Blitz Prosa schreiben wird mir ungeheuer Sauer - mein Brouillon sieht toller aus als alle Verse, die ich je gemacht - hat es sich denn zu ruhiger vernünftiger Prosa gesetzt?" So Chamisso im September 1813 aus Kunersdorf an den Freund Hitzig in Berlin. Im Dialog mit dem Freund arbeitete Chamisso zielstrebig daran, sich zum Prosaerzähler weiterzuentwickeln. Der Blick in den Nachlass erlaubt es, Chamisso Selbstauskunft über die Entstehung seiner berühmtesten Erzählung einer kritischen Revision zu unterziehen. Insofern war es eine gute Entscheidung, das vor Jahren erschienene Frankfurter Buntbuch über Chamisso in Kunersdorf von einer Bearbeiterin des Chamisso-Nachlasses in der Berliner Staatsbibliothek noch einmal neu schreiben zu lassen. Die Autorin Monika Sproll ist dort mit der wissenschaftlichen Erschließung und Digitalisierung des Nachlasses beschäftigt. Im Chamisso-Literaturhaus berichtete sie heute bei der Buchvorstellung, wie sehr Chamisso über die Entstehung des Schlemihl hinaus mit Kunersdorf verbunden war. Während seines Aufenthaltes auf dem Mustergut der Familie Itzenplitz im Jahr 1813 arbeitete er an einem Verzeichnis der dort kultivierten Gewächse. Auch nach seiner Weltreise (1815-18) hielt der Botaniker Chamisso den Kontakt nach Kunersdorf. Als er 1821 den Auftrag erhielt, 30 Herbarien für Schulen anzulegen, sandte Chamisso Listen von Pflanzen, die dann für ihn in Kunersdorf angebaut und nach Berlin verschickt wurden.

Monika Sproll
Adelbert von Chamisso in Cunersdorf
Frankfurter Buntbücher 55
Kleist-Museum-Frankfurt/Oder 2014
Vertrieb durch den Verlag für Berlin-Brandenburg
32 Seiten, zahlreiche Abbildungen
8 Euro

Samstag, 13. Dezember 2014

Peter Schlemihl - Geschichte eines Buches im Kleist-Museum

Blick in die Frankfurter Ausstellung
Fotos: Michael Bienert
Von Michael Bienert. Das Originalmanuskript mit dem Titel "Peter Schlemiels Schicksale" aus der Berliner Staatsbibliothek ist das kostbarste Exponat der heute eröffneten Sonderausstellung im Frankfurter Kleist-Museum. Immerhin hat die Staatsbibliothek sich als Leihgeber kulant gezeigt, nachdem sie sich beharrlich geweigert hatte, zum 200. Geburtstag von Chamissos berühmtestem Werk eine Ausstellung auszurichten. Als Hüterin des schriftlichen Chamisso-Nachlasses wäre sie dazu prädestiniert gewesen. Nun hat es das Kleist-Museum mit Unterstützung der in Kunersdorf ansässigen Chamisso-Gesellschaft geschafft, kurz vorm Ende des Schlemihl-Jubiläums eine Ausstellung zur "Geschichte eines Buches" zu realisieren. Zu sehen sind zahlreiche Originalausgaben aus der reichen Illustrationsgeschichte von Peter Schlemihls wundersamer Geschichte, recherchiert und ausgewählt von dem Londoner Experten und Sammler Bernd Ballmann. In seinem Einführungsvortrag zeigte Ballmann, wie Illustratoren von der Geschichte zu eigenständigen Deutungen und Bildlösungen inspiriert wurden. Der Berliner Künstler Ullrich Wannhoff ordnete Chamissos Weltreise auf einem russischen Forschungsschiff in die Tradition deutscher Wissenschaftler im Russland des 18. und 19. Jahrhunderts ein. In der Ausstellung setzen Wannhoffs expressive Bilder zu Motiven von Chamissos Weltreise einen schönen Kontrapunkt zu den in Vitrinen präsentierten Buchausgaben. Die Exponate sind um bedruckte Stoffbahnen mit Texten und Bildern zum Schlemihl-Stoff arrangiert. Dieser Teil der Präsentation ist als Wanderausstellung konzipiert, sie soll zunächst im Chamisso-Literaturhaus in Kunersdorf und im Frühjahr in der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen gezeigt werden. Hoffentlich folgen weitere Stationen.

Bis 1. März 2015 im Kleist-Museum. Weitere Informationen

Bernd Ballmann erklärt akribisch die Feinheiten von Buchillustrationen.

Schlemihl aus Meißner Porzellan (um 1925), eine Leihgabe aus der
Sammlung des Schriftstellers Günter de Bruyn. Man
beachte den Schatten, den die Figur wirft (rechts im Bild)!

Freitag, 5. Dezember 2014

KÄSTNERS BERLIN in der Berliner Morgenpost

"Der 50-jährige Literaturwissenschaftler und Publizist Michael Bienert hat sich schon oft als kenntnisreicher Fährtenleser von Dichtern in Berlin erwiesen. Er hat Friedrich Schiller, Joseph Roth, Bertolt Brecht und viele andere mit vorbildlicher Akribie auf ihren Wegen durch die Stadt verfolgt und dabei jedes Mal auch das historische Kolorit ihrer Zeit herausgearbeitet. So gelingt es ihm auch bei Kästner", lobt die Berliner Morgenpost den Autor von Kästners Berlin in ihrer heutigen Ausgabe. Das sehen auch andere so: Deshalb geht das Buch kurz nach Erscheinen bereits in die 2. Auflage. Sie wird allerdings erst kurz vor Weihnachten fertig sein. Die erste Auflage ist  - noch - lieferbar.

Amerikanische Reisetagebücher Alexander von Humboldts in der Staatsbibliothek - und ab sofort online

Alexander von Humboldts eigenhändige Notizen über den Aufstieg zum Chimborazo, Zeichnungen eines Piranhas und eines rauchenden Basaltkegels nach einem Vulkanausbruch, geologische und meteorologische Aufzeichnungen aus dem Reisegepäck des Naturforschers: Das ist noch bis zum morgigen Samstag in der Staatsbibliothek am Kulturforum zu besichtigen, ehe die Amerikanischen Reisetagebücher aus konservatorischen Gründen wieder im schützenden Dunkel verschwinden. Die wertvollen Aufzeichungen sind zwischen 1799 und 1804 entstanden und 2013 für 12 Millionen Euro für die Staatsbibliothek erworben worden. Alle rund 4000 beschriebenen Seiten stehen den Humboldt-Forschern in aller Welt ab sofort als Digitalisate in hoher Auflösung zu Verfügung.

AUSSTELLUNG der Amerikanischen Reisetagebücher 
Alexander von Humboldts 
4. - 6. Dezember 2014 
Öffnungszeiten 4.12.14: 14 - 21 Uhr 
5. und 6.12.14: 10 - 19 Uhr
Führungen durch die Ausstellung Freitag, 5. Dezember 2014 um 15 Uhr 
Samstag, 6. Dezember 2014 um 11 sowie 14 Uhr 
Eintritt frei 
Staatsbibliothek zu Berlin 
Dietrich-Bonhoeffer-Saal 
Haus Potsdamer Straße 33 
10785 Berlin

Germania - Vision und Verbrechen: Eine anregende Neuerscheinung zur NS-Stadtplanung

Germania in Stuttgart: An der Neckartalstraße
stehen 14 Travertinsäulen, die für den geplanten
Mussoliniplatz in Berlin gefertigt wurden.
Foto: Wikimedia
"Ich halte `Germania` nicht für ein zentrales Projekt des Nationalsozialismus", sagt der Antisemitismusforscher Wolfgang Benz in einem der Interviews, das Studenten der TU Berlin für den Band Mythos Germania - Vision und Verbrechen geführt haben. Das umfangreiche, einladend gestaltete Begleitbuch zu einer neuen Ausstellung des Vereins Berliner Unterwelten will vor allem eines: die Planungen des NS-Generalbauinspektors Albert Speer für die Reichshauptstadt entmystifizieren. Eine Faszination des Bösen angesichts der gigantomanischen Stadtentwürfe im Auftrag Hitlers soll gar nicht erst aufkommen. Stattdessen liefert der Band präzise Informationen über das Planungsgeschehen, über Judendeportationen und Zwangsarbeit in Zusammenhang mit dem avisierten Umbau Berlins. Albert Speers Selbstmystifikation als genialer und politisch naiver Künstlerarchitekt im Dienst eines wahnsinnigen Diktators und die ideologische Funktion von Architektur im Nationalsozialismus werden kritisch unter die Lupe genommen. Die Denkmalpflegerin Gabi Dolff-Bonekämper plädiert für einen differenzierten Umgang mit diesem Erbe: "Ich glaube nicht, dass Albert Speers Straßenlaternen an der Straße des 17. Juni als Gefahr für die Demokratie zu werten sind." Solche Statements machen Lust, genau hinzuschauen und sich tatsächlich ganz konkret mit den NS-Planungen und ihren Auswirkungen über das Jahr 1945 hinaus zu beschäftigen.

Dagmar Thorau / Gernot Schaulinski (Hg.)
Germania - Vision und Verbrechen
Edition Berliner Unterwelten 2014
Broschiert, 200 Seiten, 14,90 Euro
Bestellen

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Auf den Spuren Erich Kästners in Dresden

Erich Kästner hat schön gemachte Bücher verdient. Das müssen nicht schwere Geschütze sein wie unser Bildband Kästners Berlin, der - glauben wir dem Vertrieb - im Berliner Vorweihnachtsbuchhandel eingeschlagen hat wie eine Bombe. Zeitgleich ist Matthias Stresows Auf den Spuren Erich Kästners in Dresden ist im Sandstein Verlag erschienen, im kleinen Format, nur 64 Seiten stark, aber profund recherchiert, schön bebildert und perfekt gestaltet. Mit diesem
Cicerone lässt sich leicht und beschwingt zu den Kindheitsorten Kästners in Dresden pilgern. Und womöglich kommt einem dabei die bunte Kinderstraßenbahn entgegen, die "Lottchen" heißt, und in der Matthias Stresow den Dresdner Kindern seine Stadt erklärt.

Matthias Stresow
Auf den Spuren Erich Kästners in Dresden 
64 Seiten, 27 sw-Abb. 15 x 15 cm, Broschur
Sandstein Verlag, Dresden 2014
ISBN 978-3-95498-140-3
6,00 EUR

Friedenauer, auf den Hund gekommen

Wer noch nicht weiß, was er der Besitzerin oder dem Besitzer eines Jack Russell oder Foxterrier zu Weihnachten schenken soll, hier ein Tipp: Im Verlag Friedenauer Brücke ist ein kapitaler Bildband mit rund 500 Fotos erschienen, die Vertreter dieser sympathischen Hunderasse in allen erdenklichen Lebenslagen zeigt: als Kuscheltier, Familienhund und Spielgefährte für Kinder, bei der Rattenbekämpfung in den Schützengräben des Ersten Weltkrieges und als dressierte Zirkusattraktion. Ich erinnere mich noch an meinen ersten Besuch vor ein paar Jahren bei dem Verlegerehepaar in ihrer Friedenauer Wohnung, wo ein altersschwacher Terrier sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Jack hieß der greise Familienhund, der inzwischen das Zeitliche gesegnet hat, und so heißt nun auch das Buch. Das letzte Foto darin ist eine historische Postkarte vom Hundefriedhof im Londoner Hyde Park. Einen so schönen Grabstein wie dieses Buch aber hat noch nie ein Foxterrier erhalten.

Evelyn Weissberg / Hermann Ebling (Hg.)
Jack
Ein kleines Album für einen großartigen Hund
Format 21 x 21 cm, 240 Seiten, mit Lesebändchen und farbigem Vorsatzpapier,
über 500 Abbildungen
Edition Friedenauer Brücke, Berlin 2014
32,00 €
ISBN: 978-3-9816130-1-8 
Zu bestellen über den Verlag