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Montag, 26. Mai 2014

Auf der Suche nach Erich Kästners Berlin im Deutschen Literaturarchiv

Warum erscheint so wenig Neues und Aktuelles im Blog? Weil der Webmaster heimlich, still und fleissig am nächsten Buch arbeitet. Jetzt aber ist die Vorschau im Druck und das Geheimnis kann gelüftet werden: "Kästners Berlin" wird im Herbst 2014 im Verlag für Berlin-Brandenburg erscheinen. Der Text-Bild-Band wird vor allem die literarischen Schauplätze der Erich-Kästner-Romane anschaulich vorstellen, aber auch andere Orte, die für den Autor wichtig gewesen sind. Wer weiß schon, dass er 1930 nicht nur den Text für die erste Theateradaption von "Emil und die Detektive" am heutigen Berliner Ensemble geliefert hat, sondern auch bei den Proben dabei war und darüber einen Zeitungsartikel geschrieben hat? Und wo hat er bei Besuchen in der zerstörten Stadt nach 1945 gewohnt? In den vergangenen Tagen hat Michael Bienert im Deutschen Literaturarchiv im riesigen Erich-Kästner-Nachlass des Deutschen Literaturarchivs in Marbach nach bisher kaum beachteten Dokumenten gesucht. Von den 3500 Fotos aus Kästners Nachlass sind gerade mal 200 katalogisiert, nicht mal ein Zehntel der Briefe ist publiziert und eine umfangreiche  Dokumentensammlung mit Zeitungsartikeln, Programmheften etc. noch weitgehend ungeordnet. Das Foto zeigt den Spurensucher in den Katakomben des Deutschen Literaturarchivs vor den berühmten grünen Archivkästen, in denen die Nachlässe der Dichter staubsicher verwahrt werden.

Michael Bienert
Kästners Berlin
Literarische Schauplätze
ca. 200 Seiten, ca. 150 Abbildungen
Verlag für Berlin-Brandenburg
ca. 24,99 €
Erscheinungstermin: Oktober 2014

Zur Verlagsvorschau mit der Ankündigung des Buches

Montag, 19. Mai 2014

Im Theater (54): "Das doppelte Lottchen" mit Vollgas im Atze Musiktheater

Mann, ist das ein Krach. Das Atze Musiktheater am Vormittag: Bis zum letzten Platz gefüllt mit Grundschulkindern, die einen Riesenradau machen, ehe die Vorstellung anfängt. Das doppelte Lottchen ist heute dran: Eine noch nicht häufig gespielte Adaption von Kästners Kinderbuchklassiker, schrillbunt wie ein Kindergeburtstag, zwei Stunden Rennen, Turnen, Singen, Vollgas für die fünf Schauspieler und drei Musiker - hinterher fordert die ganze Kindermeute unerbittlich "Zu-ga-be, Zu-ga-be!", ein Arbeitssieg für das Theater, mit viel Schweiß und Körpereinsatz erkämpft.
Auf uns erwachsene Zuschauer wirkte die knallbunte Aufführung von Göksen Günter aufgebrezelter, hektischer und zerfahrener als andere "Atze"-Inszenierungen. Anna Trimper als Lotte bringt ein paar ruhigere, stillere Töne hinein, zur Strafe muss sie sich gleich zu Anfang grausam von der Spaßguerilla im Ferienlager mobben lassen. Ihre blonde Zwillingsschwester Luise (Guylaine Hemmer) im gleichen Bonbonoutfit (knallrote Schuhe, rotes Kleid mit weißen Punkten) ist gut einen Kopf größer, überragt später auch die wiedergefundene Mutter (Simone Witte) bedeutend - was den kleinen Zuschauern ab 6 Jahren die Orientierung erleichtert, welches Zwillingskind sich nun gerade als Luise oder Lotte ausgibt. In weiteren Rollen: Moritz Ross als Vater und Natascha Petz als dessen Geliebte. Am Ende werden die Erwachsenen von den mutigen Kindern zur Raison gebracht, nicht restlos psychologisch überzeugend - aber das ist ja auch schon die Ausgangssituation der von ihren Eltern auseinandergerissenen Zwillingskinder in Kästners Romanvorlage nicht.

Christoph Stölzl liest Flanierstücke

Erstaunlich, dass sich kein Berliner Verlag gefunden hat, der aus den Morgenpost-Kolumnen von Christoph Stölzl ein hübsches Buch machen wollte, immerhin hat der Autor einen Namen: ehemaliger Gründungsdirektor des Deutschen Historischen Museums, Kultursenator, Vizepräsident des Berliner Abgeordnetenhauses, zur Zeit Präsident der Weimarer Musikhochschule - und eben auch Berlinliebhaber, Hingucker, Flaneur.
Es war mutig, sich aus den Höhen der Wissenschaft und Politik aufs Glatteis des Berliner Feuilletons zu begeben, insbesondere im Bewusstsein der ruhmreichen Tradition: Natürlich kennt ein belesener Historiker wie Stölzl seinen Joseph Roth, Tucholsky, Kästner und wie sie alle heißen. Stölzl hat sich mit seinen Berliner Flanierstücken, die zwischen 2008 und 2010 in der Berliner Morgenpost erschienen, für einen Nebenberufsschriftsteller und verspäteten Journalisten glänzend aus der Affäre gezogen, hat sich treiben lassen und die Ohren gespitzt, prosaische Loblieder auf die stillen Winkel gedichtet und dem Volksmund allerlei Kurioses abgelauscht. Ein kleiner Schweizer Verlag mit dem stolzen Namen "Nimbus" hat aus den Tageszeitungstexten ein Augen öffnendes Lesebuch für die Parkbank, den Bus oder das Straßencafé gemacht, das einmal mehr beweist: Dieses journalistisch-literarische Genre des Großstadtfeuilletons hat sich keinesfalls überlebt, auch wenn es nicht mehr in Blüte steht und von den Redaktionen kaum noch gepflegt wird.

Der Autor liest am Donnerstag, dem 22. Mai 2014, um 19.30 Uhr im Bücherbogen am Savignyplatz aus der Kolumnensammlung und spricht mit dem befreundeten Künstler Mathias Koeppel über das alte-neue Berlin. Der Verleger Bernhard Echte wird die Veranstaltung moderieren.

Christoph Stölzl
Morgens um sechs bei Haubentaucher & Co.
192 Seiten Leinen mit Schutzumschlag
CHF 29,80 /Euro 24,00
ISBN 978-3-907142-44-8

Donnerstag, 15. Mai 2014

Im Theater (53): "Der Russe ist einer, der Birken liebt" am Maxim-Gorki-Theater

Mascha kriegt ihr Leben einfach nicht in den Griff. Als jüdischer Kontingentflüchtling ist sie aus Aserbaidschan nach Deutschland gekommen, hat dort als Kind Kriegsgräuel erlebt, über die sie mit ihrem deutschen Freund Elias lieber nicht spricht.
Erst als dieser einen Sportunfall hat und die Beziehung völlig aus dem Gleis gerät, weil Mascha mit einem anderen Freund ins Bett geht, während Elias im Krankenhaus liegt, rückt sie mit ihren traumatischen Erinnerungen heraus. Trotz dieses Vertrauensbeweises kommt es zum Streit. Wenig später ist Elias tot - und Mascha fühlt sich schuldig.
Am Maxim-Gorki-Theater hat Yael Tonen eine äußerst unterhaltsame und kluge Bearbeitung von Olga Grjasnowas Roman Der Russe ist einer, der Birken liebt inszeniert. Eine riesige gefällte Birke (Bühne von Magda Willi) schiebt sich vom Proszenium in den schwarzen Bühnenkasten, dient als Laufsteg, Stuhl, Krankenbett und sonstiges Allround-Requisit für die sieben Schauspieler. Anastasia Gubareva ist die von Sinnlichkeit, Leidenschaft und Lebenshunger getriebene Mascha zwischen zwei Männern: Knut Berger verkörpert den sportlichen, starken, ins sich ruhenden deutschen Freund zum Anlehnen, Thomas Wodianka den gut aussehenden Verführer Sami mit arabisch-palästinenischem Migrationshintergrund. Dann gibt es da noch den schwulen Freund Cem (Dimitrij Schad), der zugleich Mitspieler in Maschas Drama ist, Bühnenmusiker mit Gitarre, humorvoller Ansager und singender Kommentator der Ereignisse. Mehmet Atesci und Orit Nahmias spielen weitere Nebenfiguren nichtdeutscher Herkunft, Tim Porath setzt einen harten Gegenakzent als nazistischer Vater von Elias. Das Aufeinanderprallen der Figuren mit unterschiedlichem kulturellem Background produziert Reibungen und komische Verwicklungen in Serie, doch wirkt dieses "postmigrantische" Theater kein bisschen belehrend oder klischeehaft. Denn der Multikulti-Mix ist ganz selbstverständlich die Basis der Figuren und ihrer Geschichten, der unhintergehbare Ausgangspunkt ihrer Suche nach einem Platz in der Welt, nach Zuneigung und Erfüllung.
Es ist eine Freude, diesem jungen Ensemble, das über den reichen Erfahrungshintergrund vieler Kulturen verfügt, beim sorgfältigen Erzählen von Geschichten zuzusehen, die Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft etwas zu sagen haben. Spielplaninformationen unter www.gorki.de

Sonntag, 11. Mai 2014

Geometrie und Wildwuchs - Die rekonstruierten Heckengärten der Liebermannvilla

Liebermanns Garten: Blick zum Wannsee
Von Elke Linda Buchholz - Da ist sie wieder, die weiße Bank! Als Blickpunkt kennt man sie aus vielen Gartenbildern Max Liebermanns. Jetzt steht sie rekonstruiert im mittleren der drei geometrisch angelegten Heckengärten auf dem Wannseegrundstück des Malers und lädt Gartenflaneure zum Hinsetzen ein. Mehrere solcher weißgestrichenen Sitzgelegenheiten hatte Liebermann auf seinem Grundstück verteilt: wohlpositionierte Akzente im Raumkunstwerk Garten. Und Aussichtspunkte, um das gestaltete Grün zu betrachten. Endlich ist der ganze Garten des Malers nun komplett, inklusive der Heckengärten, um deren Terrain jahrelang mit einem benachbarten Ruderclub erbittert gerungen wurde.

Samstag, 10. Mai 2014

Hier ist Küssen nicht verboten

So die wunderbare Überschrift von Christoph Stollowskys Besprechung der  Entdeckung Berlins von Henry F. Urban im TAGESSPIEGEL. Michael Bienert hat die erfrischenden Berlinfeuilletons von 1910 wiederentdeckt, im Verlag für Berlin-Brandenburg neu herausgegeben, bebildert und kommentiert. "Man liest es mit Genuss", schreibt Stollowsky.

Hier können Sie die Rezension lesen.

Donnerstag, 1. Mai 2014

Blühende Moderne in Spandau

Mitglieder der Heimatgeschichtlichen Vereinigung Spandau hat Michael Bienert heute durch die ehemalige Reichsforschungssiedlung in Haselhorst geführt. Höhepunkt war die Besichtigung des denkmalgerecht sanierten Laubenganghauses am Haselhorster Damm. Die Kastanienbäume standen in voller Blüte, über sie hinweg hatte man einen faszinierenden Blick auf die Dächer der Wohnsiedlung, zum Spandauer Rathausturm und zum Kraftwerk Reuter West.
Mehr über unser Buch zur Reichsforschungssiedlung