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Samstag, 5. Mai 2012

Theatertreffen mit Studentenprotest eröffnet

"Bitte bitte bitte bitte Mitte!" Mit fantasievollen Sprechchören empfingen gestern abend Studenten der Schauspielschule Ernst Busch die Theater- und Politikprominenz vor dem Haus der Berliner Festspiele. Sie fordern endlich eine angemessene Unterbringung der renommierten Schule durch den Berliner Senat, der in den vergangenen Jahren bereits 4 Millionen Euro in Planungen und Vorbereitungen investiert hat - jetzt aber wegen einer weit geringeren Summe das 15-Millionen-Projekt weiter aufschieben will. Aus Protest kampieren und proben die Studenten derzeit auf der vorgesehenen Baustelle an der Chausseestraße in Mitte. Einen besseren Auftakt für das Theatertreffen hätte sich der neue Festspiele-Intendant Thomas Oberender gar nicht wünschen können, spontan räumte er vor Beginn der offiziellen Eröffnung des Studenten eine knappe Redezeit für ein Statement von der großen Bühne des Festspielhauses ein.
"Wir brauchen eine Debatte über Visionen und Ziele des Theaters", forderte Oberender anschließend in seiner Begrüßung und verteidigte die Verwandlung des Theatertreffens von einem Festival der "Interpretenkultur" in eine "Festival der zeitgenössischen Theaterpraxis". Kulturstaatsminister Bernd Neumann erteilte der Forderung Claus Peymanns vom Berliner Ensemble in der B. Z., das Theatertreffen ganz abzuschaffen, eine klare Absage - auch sei keines der 145 öffentlich geförderten Theater in Deutschland überflüssig: "Wir brauchen sie alle."
Die Eröffnungsinszenierung der Münchner Kammerspiele war indes weniger eine Beispiel für gesellschaftlich notwendiges Theater als vielmehr "Interpretenkultur" in postdramatischer Verkleidung. Über alle Maßen bewundernswert, wie die sieben Schauspieler (Marc Benjamin, Annette Paulmann, Stefan Merki, Stefan Hunstein, Sylvana Krappatsch, Thomas Schmauser, Sandra Hüller) die fragmentierten Sprechakte in den drei Stücken von Sarah Kane (Gesäubert, Gier, 4.48. Psychose) zelebrierten. Dreieinhalb Stunden Depressionsspirale in einer Sprache, der der Bezug zur Außenwelt immer weiter abhanden kommt. Ja, das muss als Grenzwanderung des Theaters natürlich möglich sein, das ist mutig von dem Regisseur Johan Simons und den Schauspielern, und es ist eine Zumutung für das Publikum. Doch einen Ausweg aus dem Bedeutungsverfall des zeitgenössischen Theaters weist dieses Exerzitium der Ausweglosigkeit nicht.

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