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Donnerstag, 31. Mai 2012

Die Zwanziger Jahre in Berlin - jetzt mit eigener Website

Die Zwanziger Jahre in Berlin beschäftigen uns so nachhaltig, dass wir unsere Aktivitäten zu diesem Thema auf der Website und im Blog nicht mehr übersichtlich darstellen können. Daher gibt es - auch ermutigt durch den Erfolg des Chamisso-Forums - ab sofort eine Blogseite, auf der wir Aktuelles zum Thema posten und zugleich archivieren können.

Montag, 21. Mai 2012

MADE IN GERMANY 2 - Gegenwartskunst in Hannover


Vor fünf Jahren lockte die Gegenwartskunstschau "Made in Germany" 60000 Besucher nach Hannover. Im Windschatten der Documenta wird die Marke nun etabliert: mit "Made in Germany Zwei" an drei Ausstellungsorten (Sprengel Museum, Kunstverein und Kestnergesellschaft), mit 45 Künstlern und neun Kuratoren. Elke Linda Buchholz hat sich alle Ausstellungen angesehen, hier ihre ausführliche Kritik aus der STUTTGARTER ZEITUNG von heute:

Ein Filmteam werkelt in einem historisch ausstaffierten Labor à la Dr. Frankenstein. Ein blondes Mordopfer wird zwecks Reanimierung auf den OP-Tisch geschnallt, während eine zweite Schauspielerin nackt in einen wassergefüllten Glaszylinder steigt. Film ab - Kamera läuft! Die Performance des in Alaska geborenen Künstlers Reynold Reynolds im Sprengel Museum ist Teil eines groß angelegten Filmrekonstruktionsprojekts. In Sibirien war 1980 ein alter Koffer mit Fragmenten eines Kinofilms der Dreißiger Jahre aufgetaucht, der wegen der NS-Zensur nie fertig gestellt wurde. Nun dreht Reynolds die fehlenden Szenen des Schwarzweißstreifens "Die Verlorenen" im Stil von "Nosferatu" und "Metropolis" nach. Vergilbte Storyboardskizzen, Originalrequisiten und den legendären Fundkoffer breitet der Künstler am zweiten Ausstellungsort, der Kestnergesellschaft, wie in einem Filmmuseum aus. Aber sind die auf großer Leinwand flimmernden Filmszenen nun die historischen Fragmente oder nachgedrehte Szenen? Wo beginnt das Remake, wo endet das Original? Womöglich ist das gesamte Projekt ein Fake!

Mittwoch, 16. Mai 2012

Theatertreffen 2012: Zu rechten Zeit am richtigen Ort

Was bisher geschah: In der STUTTGARTER ZEITUNG von heute lässt Michael Bienert den bisherigen Verlauf des Theatertreffens Revue passieren und resümiert den  Stückemarkt, der am Montagabend mit einer Preisverleihung für ein neues Berlin-Stück endete. Die beste Inszenierungsidee hatten die Studenten der Berliner Schauspielschule Ernst Busch: Sie luden sich einfach selbst zum Theatertreffen ein. Um den Kulturpolitikern der Hauptstadt einzuheizen, übten sie am Eröffnungsabend vor dem Haus der Festspiele chorisches Sprechen. Denn wieder einmal drohte der seit 15 Jahren geplante Umzug ihrer Schule in angemessene Räumlichkeiten verschoben werden, so plante es die SPD-Fraktion im Berliner Landesparlament, die ihrem Regierenden Bürgermeister und Kultursenator Klaus Wowereit das Leben gerade richtig schwer macht.
Der Protestchor der Nachwuchsschauspieler im Abendsonnenschein entzückte die Theaterprominenz und die Fernsehteams vor dem Haus der Festspiele. Geistesgegenwärtig bat der neue Intendant Thomas Oberender einen der Studenten auf die Bühne, um noch vor dem Kulturstaatsminister zum Publikum zu sprechen. Die fantasievolle Occupy-Bewegung der Schauspielschüler erzeugte so viel öffentlichen Druck, dass die Lokalpolitiker vergangene Woche einlenkten: Die Busch-Schule bekommt ihren 33-Millionen-Neubau in Mitte, wenn auch nicht ganz so perfekt ausgestattet wie ursprünglich geplant.
Damit bewiesen die Studenten, dass theatralische Darbietungen sehr wohl konkrete politische Wirkung entfalten können. Genau danach sehnen sich viele Theatermacher, und daher flogen die Solidaritätsbekundungen den Schauspielschülern nur so zu - auch wenn sie letztlich bloß für ihre eigenen Interessen demonstrierten. Sie waren aber mit ihren Darbietungen zur rechten Zeit am richtigen Ort: Ist es womöglich das, was letztlich über die politische Wirksamkeit von Theater entscheidet, mehr als alle ästhetischen Finessen?

Dienstag, 15. Mai 2012

Kultur gegen Vandalismus in Friedenau

Foto: Evelyn Weissberg
Das ehemalige Wartehäuschen mit unterirdischer Bedürfnisanstalt auf dem Breslauer Platz in Friedenau war schon immer ein Hingucker für Fans der Zwanziger-Jahre-Architektur. Seit dem 5. Mai wird es noch intensiver betrachtet, denn die Bürgerinitiative Breslauer Platz hat es zu einem Schauhaus für die Geschichte des Platzes umgewidmet - und schützt es so vor mutwilliger Zerstörung. Die Bürgerinitiative fordert eine denkmalgerechte Umnutzung des Häuschens, um damit die Aufenthaltsqualität auf dem Platz zu verbessern.

Freitag, 11. Mai 2012

Kulturpolitik für junge Leute

Die Neuausgabe des Reiseführers Berlin für junge Leute ist erschienen und wie jedes Jahr haben wir unseren darin enthaltenen Großessay mit Panoramablick auf die Berliner Kulturlandschaft aktualisiert. Ein Auszug, der die Kulturpolitik der vergangenen Jahre resümiert, ist auch online nachzulesen. Das Buch wird von Herden Studienreisen vertrieben, kostet 7,50 Euro, in größeren Stückzahlen weniger.

Donnerstag, 10. Mai 2012

Von mehr als einer Welt: Aufklärung über die Aufklärung

Ein Buch, aus dem sich die lebensgroße farbige Darstellung einer Frau ausklappen lässt, um den Blick auf ihr anatomisches Innenleben zu ermöglichen, gehört zu den spektakulären Exponaten der Aufklärungs-Schau am Kulturforum. Gleich daneben sind die Totenmaske Kants zu sehen und pornografische Darstellungen des 18. Jahrhunderts: Die Ausstellung Von mehr als einer Welt am Kulturforum präsentiert das Zeitalter der Aufklärung so mutig, frech und vielstimmig wie diese Epoche wirklich war. In ihr gewinnen die ersten Außerirdischen körperliche Gestalt, treten künstliche Menschen auf und plagen Endzeitvisionen die aufgeklärten Geister. Unter all den Ausstellungen zum Friedrichjahr ist diese die fantasievollste und anregendste.
Friedrich der Große tritt hier lediglich als posthume Geisterprojektion in Erscheinung, festgehalten in einem kleinen Kupferstich von Daniel Chodowiecki. Wir werden mitten in eine Zeit versetzt, die rücksichtslos neugierig war und unbekümmert mit neuen Bildern und Medien experimentierte. Zur Website der Ausstellung
Zum Berlin der Aufklärung bieten wir aus Anlass des 300. Geburtstag Friedrich des Großen Stadtspaziergänge und eine iPhone-App an.

Samstag, 5. Mai 2012

Theatertreffen mit Studentenprotest eröffnet

"Bitte bitte bitte bitte Mitte!" Mit fantasievollen Sprechchören empfingen gestern abend Studenten der Schauspielschule Ernst Busch die Theater- und Politikprominenz vor dem Haus der Berliner Festspiele. Sie fordern endlich eine angemessene Unterbringung der renommierten Schule durch den Berliner Senat, der in den vergangenen Jahren bereits 4 Millionen Euro in Planungen und Vorbereitungen investiert hat - jetzt aber wegen einer weit geringeren Summe das 15-Millionen-Projekt weiter aufschieben will. Aus Protest kampieren und proben die Studenten derzeit auf der vorgesehenen Baustelle an der Chausseestraße in Mitte. Einen besseren Auftakt für das Theatertreffen hätte sich der neue Festspiele-Intendant Thomas Oberender gar nicht wünschen können, spontan räumte er vor Beginn der offiziellen Eröffnung des Studenten eine knappe Redezeit für ein Statement von der großen Bühne des Festspielhauses ein.

Grips gerettet! Förderer gesucht!


Volker Ludwig, Gründer und Geschäftsführer
des Grips-Theater, ist erleichtert.
Bei den abschließenden Haushaltsberatungen im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses wurde gestern beschlossen, die Zuschüsse der Stadt für das Grips-Theater um 100.000 Euro jährlich zu erhöhen, um den Spielbetrieb sicherzustellen. Das sind 50.000 Euro mehr, als ursprünglich vom Kulturausschuss vorgeschlagen wurde. Das Plenum muss dem Vorschlag noch zustimmen, es folgt traditionell jedoch dem Votum des Ausschusses. 

Donnerstag, 3. Mai 2012

Vorschau auf das Theatertreffen


Grellgelb und Lila, das waren die Theatertreffenfarben des letzten Jahres. Thomas Oberender, neuer Intendant der Berliner Festspiele, setzt auf weniger schrille Signale: Als neues Festspiellogo hat er einen rechteckigen roten Rahmen eingeführt, der sich auf alle möglichen Motive applizieren lässt. Grauer Karton kleidet die Pressemappen, die Typografie ist gediegen. Weiß,  rosa und zartgrün liegt die auf angenehmem Papier gedruckte Programmzeitschrift des Theatertreffens in der Hand.
Das alles deutet auf Entschleunigung, auf mehr Nachdenklichkeit und weniger Party. Wie eine roter Faden zieht sich die Frage nach dem Umgang mit Zeit durch die Vorab-Statements der Theatertreffen-Verantwortlichen. Die neue Leiterin Yvonne Büdenhölzer verweist stolz auf die Gesamtspieldauer der zehn ausgewählten Inszenierungen von 135 Stunden und 20 Minuten (einschließlich Wiederholungen) während des Festivals. Ein zweiteiliger “Faust” darf da nicht fehlen, indes bleibt Nicolas Stemanns Inszenierung mit 8 Stunden Spieldauer durchaus im üblichen Rahmen.
Anders die bis zu zwölf Stunden dauernde Extrem-Performance nach Motiven von Ibsens "John Gabriel Borkman", eingerichtet von dem deutsch-norwegischen Trio Vegard Vinge, Ida Müller und Trond Reinholdsen. Sie sind Debütanten auf dem Theatertreffen, wie die Hälfte der Regisseure. Ein Signal, dass die Maßstäbe der siebenköpfigen Jury sich geändert haben. Früher kam bei der Suche nach den zehn "bemerkenswertesten" Aufführungen regelmässig ein Gipfeltreffen der Großregisseure zustande. Diesmal zeichnet bei drei der zehn Produktionen ein Theaterkollektiv für die Inszenierung verantwortlich.
Wie “Borkman” ist auch das "Hate Radio" von Milo Rau eine internationale Koproduktion: Dokumentarisch genau rekonstruiert die Aufführung den Völkermord an den Tutsi in Ruanda aus der Perspektive eine Radiosenders. Gesprochen wird Französisch und Kinyarwada. In dem Bob-Squad-Stück "Before your Eyes" hört man Englisch und Flämisch aus dem Mund von sieben Jugendlichen, die im Schnelldurchlauf das Spiel des Lebens von der Geburt bis zum Tod verkörpern. In den Augen der Jury spiegeln solche Nominierungen den Trend zu einer Internationalisierung des deutschsprachigen Theaterbetriebs. Damit vollzieht das Hauptprogramm eine Entwicklung des Stückemarkts nach, der bereits vor Jahren für Einsendungen aus ganz Europa geöffnet wurde. In diesem Jahr ist mit Markus&Markus nun erstmals auch ein Performancekollektiv bei dem Autorenwettstreit vertreten.
Da sich die experimentellen Formate nicht auf große Bühne des Festvialhauses verpflanzen lassen, sind die Karten für die ungewöhnlichsten  Aufführungen besonders knapp. Und leider kapituliert auch das Fernsehen davor. Mit Herbert Fritschs “Die (s)panische Fliege”, René Polleschs “Kill you Darlings!” und Karin Henkels “Macbeth” strahlt der Sender 3sat nur drei relativ bequem adaptierbare Inszenierungen aus, die am 18. bis 20. Mai bei freiem Eintritt auch auf der großen Videowand im Sony Center gezeigt werden. Der in “zdf.kultur”  umgemodelte ehemalige Theaterkanal spielt als Echoverstärker für das Theatertreffen beinahe keine Rolle mehr. Umso intensiver kommuniziert das Festival mittlerweile via Theatertreffen-Blog mit dem Rest der Theaterwelt.

Das Theatertreffen dauert bis 21. Mai. Infos: