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Sonntag, 18. Dezember 2011

Weihnachten kann kommen

Der Webmaster hat sich am 4. Advent reichlich mit Weihnachtsbäumen eingedeckt.
Wir wünschen allen Lesern und Surfern schöne Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr. In der Zwischenzeit bereiten wir uns auf die erste Premiere im neuen Jahr vor. Ab 8. Januar 2012 heißt es: Berlin wird aufgeklärt!

Montag, 12. Dezember 2011

Im Theater (29): Kirschgarten der freien Szene

War das mal eine öde Gegend hier! Wie trostlos, verfallen und beinahe menschenleer die engen Straßen mit den alten Häusern vor 20 Jahren aussahen, können sich die Touristen und Nachtschwärmer um den Hackeschen Markt gar nicht vorstellen. Nun ist daraus ein Modeviertel geworden, überall haben Boutiquen aufgemacht und sogar Kneipen verdrängt. Eine Infrastruktur für Berlin-Touristen und solvente Neu-Berliner beherrscht das Straßenbild.
All die Luxusgeschäfte aber zehren vom Ruf der Gegend als Szeneviertel, den andere geschaffen haben: In den ersten Jahren nach dem Fall der Berliner Mauer zogen schräge Kunstgalerien, kleine Theater und andere Kulturprojekte in die baufälligen Häuser. Nur wenige sind noch da. Im Verlauf der Stadtsanierung, die 2008 nach 15 Jahren abgeschlossen wurde, hat eine wohlhabendere Klientel die Gegend um den Hackeschen Markt in Besitz genommen.
Nun wird auch die Kunstruine Tacheles an der Oranienburger Straße Stück für Stück geräumt. Das Varieté „Chamäleon“ in den Hackeschen Höfen und wenige ältere Cafés haben sich erfolgreich mit den Touristenströmen arrangiert. „Alles glänzt“ rufen bunte Plakate am Durchgang dem Hinterhof, wo seit 15 Jahren die Sophiensäle der freien Tanz- und Theaterszene eine Plattform bieten. Dass es sie hier noch gibt, grenzt an ein Wunder. Eher erwartet man heute in den großzügigen Räumen des ehemaligen Handwerkervereinshauses eine  Werbeagentur oder noch ein Privatmuseum eines millionenschweren Kunstsammler. Nun aber ist sogar kräftig in die Theaterzukunft investiert worden: Fast drei Millionen Euro haben die Berliner Lottostiftung und der private Eigentümer in das geräumige Backsteingebäude gesteckt, um den Theaterbetrieb für Künstler, Publikum und Nachbarn angenehmer zu machen.
Neue Garderoben und Toiletten, schalldichte Fenster, eine Belüftungsanlage und einen Aufzug gibt es nun, das Minimum an Komfort, aber – o Glück! – keinerlei falschen Glanz. Die schrundigen Wände und Decken durften die Patina eines Jahrhunderts behalten. Man spürt, wie intensiv hier auf dem Hinterhof seit der Kaiserzeit debattiert, gefeiert und Theater gemacht wurde. An den ehrwürdigen Türen zum größten Saal hat man sogar Zeitungsschnipsel aus Honeckers Zeiten kleben gelassen. Und die künstlerische Aufbruchsstimmung, die hier nach dem Mauerfall einzog, ist noch vorstellbar, nein: sogar noch lebendig.

Sonntag, 11. Dezember 2011

Occupied Cities

Eine Theaterinitiative des Dortmunder Schauspielhauses lässt am Nikolaustag unangemeldet einen antiken „Chor“ in der größten Shopping Mall Dortmunds auftreten und das „Recht auf Stadt“ einfordern – und wird von Sicherheitskräften des Hauses verwiesen. In Duisburg reagiert die Initiative „DU it yourself“ mit der Besetzung einer leer stehenden Hauptschule auf die „desaströse“ (O-Ton Besetzer) Kultursituation in der Stadt – bis die Polizei die Aktion stoppt. Auf die Leerstandsproblematik einerseits und wie künstlerische Initiativen dringend benötigte „Freiräume“ kreativ nutzen können, antwortet der Stadtsoziologe (und Besetzer leer stehender Häuser) Tino Buchholz mit dem Satz: „In hochentwickelten kapitalistischen Städten wie Amsterdam, Hamburg, Düsseldorf kommt man derzeit um das Thema Kreativität nicht herum.“ Aus gegebenem Anlass empfehlen wir die Lektüre des aktuellen Newsletters der Kulturinitiative 2010LAB.tv.

Samstag, 10. Dezember 2011

Thomas Gottschalk sendet künftig aus Berlin

Thomas Gottschalks neuer Arbeitsplatz nach dem Abschied von "Wetten dass..." ist das Humboldt-Carré in der Behrenstraße 42 in Mitte, zwischen Gendarmenmarkt und Staatsoper gelegen. Von dort geht er ab 23. Januar 2012 viermal in der Woche im Vorabendprogramm der ARD auf Sendung. Gestern erläuterte er seine Pläne, Michael Bienert war dabei und hat für die STUTTGARTER ZEITUNG berichtet. Zum Artikel

Donnerstag, 8. Dezember 2011

Archäologie und Politik

Eine Nierentischgruppe mit deutschen Gazetten aus den Fünfzigern, von deren Titelblatt das persische Herrscherpaar lächelt, war im Berliner Pergamonmuseum wohl noch nie ausgestellt. „Nach dem Krieg hielten die Deutschen Iran für ein Märchenland“, sagt die deutsch-iranische Kuratorin Patricia Rahemipour schalkhaft, „das wollten wir zeigen.“ Erich Böhringer, seinerzeit Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts und gut Freund mit Kanzler Adenauer, nutzte die Gunst der Stunde: 1961 durfte sein Institut eine Außenstelle in Teheran eröffnen und mit Ausgrabungen eines sassanidische Heiligtums im Nordwestiran beginnen. „Archäologie ist immer politisch“, meint Rahemipour, die zusammen mit der heutigen Leiterin der Außenstelle in Teheran Barbara Helwing die Geschichte deutscher Altertumsforschung im Iran aufgearbeitet hat. Die Tradition reicht indes viel weiter als fünfzig Jahre zurück, bis in die Frühzeit des deutschen Kaiserreiches.

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Umkämpfte Bäume

Draußen vom Walde kommen sie allesamt her: Knecht Ruprecht und der Weihnachtsmann, der böse Wolf und der gute Jäger, die zarten Elfen und der grobschlächtige Räuber Hotzenplotz. Seit gut 200 Jahren dient der Wald den Deutschen als Projektionsraum, bevölkert von Gestalten, die in der modernen Alltagswelt keinen besseren Platz finden. Die Romantiker entdeckten den Wald als Reservat des Geheimnisvollen, Urtümlichen, Heilen und Heiligen, was bis heute nachwirkt: Mit dem Weihnachtsbaum holen sich die Familien ein Stück vom mythisch verklärten Wald ins Wohnzimmer. Der Dezember ist also der ideale Zeitpunkt, um das Thema Wald mitten in die Haupt- und Millionenstadt zu pflanzen, in deren Zentrum man den zahllosen Weihnachtsmärkten gar nicht ausweichen kann. Selbstverständlich funkelt, dampft und duftet so eine Budenkolonie auch genau gegenüber vom Zeughaus, in dem das Deutsche Historische Museum pflichtschuldig seinen Volksbildungsauftrag erfüllt. Die Themenvorgabe kam diesmal direkt von der Politik: Im von der UNO ausgerufenen „Jahr der Wälder“ fühlte sich das Landwirtschaftsministerium aufgerufen, eine gewaltige PR-Kampagne zu starten.

Montag, 5. Dezember 2011

Schinkel reloaded

Eisiger Wind pfeift um die Ecken des Schlosses Charlottenburg. Nicht für diese Jahreszeit hat Karl Friedrich Schinkel seinen Neuen Pavillon entworfen. Das 1824 für König Friedrich Wilhelm III. und seine zweite Gattin erbaute Sommerhaus mit dem umlaufendem Balkon und den schilfgrün gestrichenen Fensterläden atmet südländisches Flair. Eine Neapelreise hatte den italienverliebten Monarchen dazu angeregt. Schinkel machte aus der Idee seines Königs ein architektonisches Meisterstück. Bescheiden als privates Refugium dimensioniert, behauptet sich der weiße Kubus am Spreeufer mit der Klarheit und Strenge eines Kristalls. Auch wenn er nicht mehr wie ursprünglich in die offene Landschaft eingebettet ist, sondern seit 1928 durch eine vielbefahrene Stahlbrücke bedrängt wird. Nach fünf Jahren gründlicher Sanierung ist das Bauwerk jetzt wieder zugänglich und mit ihm eine herausragende Kollektion von Gemälden, Skulpturen und Möbeln der Schinkelzeit. Was kaum jemand ahnt, der die anmutige Architektur betritt: Dieser Bau ist eine Rekonstruktion. Lesen Sie den ausführlichen Bericht von Elke Linda Buchholz aus der STUTTGARTER ZEITUNG von heute hier vollständig.

Freitag, 2. Dezember 2011

Flüchten oder standhalten? Zum Tod von Christa Wolf

Eine unerschrockene Kämpferin war Christa Wolf nicht, eher ein ängstlicher Mensch, aber sie hat immer wieder ihren schwachen Mut zusammengenommen, um auszudrücken, was sie für richtig und notwendig hielt. Sie blieb unbequem – für die Mächtigen und im Umgang mit sich selbst. Ihr Schriftstellerleben in der DDR war eine Gratwanderung zwischen überlebensnotwendiger Anpassung und dem Streben nach subjektiver Wahrhaftigkeit. „Und da steht man denn vor der Frage, was einem wichtiger ist, sich selbst kennenzulernen und mit sich ins Reine zu kommen oder in Übereinstimmung zu sein mit der landläufigen Meinung“, so hat sie ihren Grundkonflikt beschrieben. In ihren Prosastücken bleibt er vielfach unaufgelöst, endet tödlich für die Heldin in „Nachdenken über Christa T.“, für die romantische Dichterin Günderode in „Kein Ort. Nirgends“ oder für Kassandra in der gleichnamigen Erzählung. Christa Wolf überlebte ihre Figuren wie Goethe seinen Werther – durch die Verwandlung der Konflikte in Kunst, mit Lebensklugheit und einer Portion Glück. Gestern ist sie im Alter von 82 Jahren gestorben. Lesen Sie unseren Langen Nachruf in der Stuttgarter Zeitung und die Besprechung ihres letzten Buches auf www.text-der-stadt.de. Das Foto haben wir 2010 bei einem der letzten öffentlichen Auftritte Christa Wolfs in der Akademie der Künste aufgenommen.