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Montag, 28. Februar 2011

Flusskunde

„Von der Maas bis an die Memel“ reichte das deutsche Siedlungsgebiet im 19. Jahrhundert, doch nach zwei Weltkriegen ist der Vers aus dem „Lied der Deutschen“ verpönt. Wo genau liegt überhaupt die Memel? Der Publizist Uwe Rada ist dem 937 Kilometer langen Flusslauf von der Ostsee bis zur Quelle im heutigen Weißrussland gefolgt. Die Memel fließt heute durch Litauen und die russische Exklave um Kaliningrad, so wie früher durch Polen und Ostpreußen. Ein rein deutscher Strom war sie nie, sowenig wie der Rhein. Der polnische Nationaldichter Adam Mickiewicz, das Rockidol Czeslaw Niemen und der deutsche Dichter Johannes Bobrowski haben das Memelland besungen. Rada erzählt mit flüssiger Leichtigkeit die verworrene Geschichte einer europäischen Kulturregion, die hinter dem Eisernen Vorhang vergessen wurde. Letzte Woche stellte er sein Buch im Auswärtigen Amt vor. Allerdings hatte ihn nicht das Ministerium eingeladen, sondern der rührige Betreiber der Buchhandlung im Foyer. Uwe Rada: Die Memel. Kulturgeschichte eines europäischen Stroms. Siedler Verlag 2010, 368 Seiten, 19,95 Euro.

Mittwoch, 23. Februar 2011

Ein Stadtplan für Kleist

Nur am kommenden Sonntag, dem 27. Februar 2011, können Sie im Zeitungshandel den literarischen Stadtplan erwerben, den wir rechtzeitig zum offiziellen Start des Kleistjahres in Zusammenarbeit mit dem TAGESSPIEGEL und STATTREISEN BERLIN entwickelt haben. Heinrich von Kleists Berliner Lebensstationen, vorgestellt auf einer ganzen Zeitungsseite, mit einem farbigen Plan der Berliner Innenstadt im Jahr 1811, erscheint im nächsten TAGESSPIEGEL AM SONNTAG. Nicht verpassen!
Eine Woche später folgt dann die Premiere des neuen Stadtrundgangs über Kleists Berliner Skandale.

Revolution im Wohnzimmer

Dem Emir von Katar ist verziehen, dass er sich die Fußball-WM im Jahr 2022 gekauft hat. Denn ohne das Geld aus Katar gäbe es auch kein Al Jazeera. Das englischsprachige Programm des arabischen Senders ist in den letzten Wochen zu einem festen Teil des Familienlebens im Kolumnisten-Haushalt geworden. Niemand war so nah dran an den arabischen Volkserhebungen wie die Reporter von Al Jazeera und die Jugendlichen, die dem Sender ihre Handyvideos mailten. Das Sprachrohr der Straße funktionierte, obwohl die ägyptische Regierung das Büro in Kairo schließen ließ, die Ausstrahlung blockierte und die Website von Al Jazeera knackte. Im Magazin Newsweek vergleicht der Generaldirektor des Senders die Repressionen arabischer Potentaten mit den Schwierigkeiten in den USA: Dort werde Al Jazeera kaum ausgestrahlt, weil das Angebot die Amerikaner angeblich nicht interessiere. In den letzten Tagen aber sei die Zahl der Zugriffe auf die Website des Senders um das 25-fache gestiegen, mehr als die Hälfte stamme aus den USA. Wir haben es besser, uns liefert Kabel Deutschland das originale Revolutionsfernsehen ohne Aufpreis ins Wohnzimmer. Weitere Glossen und Berichte aus der Kulturrepublik finden Sie hier.

Montag, 21. Februar 2011

Im Theater (16): Berliner Burgtheater

Vier Jahre ist es her, da fetzten sich Gert Voss und Claus Peymann in den Zeitungen über die Höhe ihrer Rentenbezüge. Der große Schauspieler drohte dem Großverdiener unter den Indentanten mit einer Verleumdungsklage, weil dieser fälschlich verbreitet hatte, nur wegen der Aussicht auf eine „Mordspension“ vom Burgtheater sei Voss in Wien kleben geblieben – damals in den Neunzigern, als Peymann dort von seinem Intendantenposten weggemobbt wurde und nach Berliner wechselte. Sicher gehört es zu den größten Enttäuschungen in Peymanns Künstlerleben, dass er Voss und andere Stars nicht wie Kasperlepuppen in einen Koffer stecken und im Berliner Ensemble wieder auspacken konnte. Als dann die Mäkeleien der Kritiker über den ästhetischen Stillstand an der Berliner Traditionsbühne nicht enden wollten, machte Peymann das Sitzfleisch der Wiener für hausgemachte Probleme verantwortlich - so als herrsche in Berlin ein Mangel an tollen Schauspielern. Diese abstruse Altherrenposse haben Voss und Peymann nun zu einem glücklichen Ende gebracht, mit der Aufführung von Thomas Bernhards Einfach kompliziert in Wien und Berlin. Lesen Sie mehr über die Aufführung.

Mittwoch, 16. Februar 2011

Die drei Leben der Ré Soupault

Ré Soupault gehört zu den Frauen der Avantgarde, die immer im entscheidenden Moment am richtigen Ort waren: Am Bauhaus in Weimar, im Berlin der Zwanziger Jahre, im Paris der Surrealisten und als Fotoreporterin in Spanien und Nordafrika. Mehrfach wechselte sie ihren Namen und häufiger noch den Wohnort. Immer war sie bereit, sich in neue Arbeitsfelder vorzuwagen, etwa beim abstrakten Film, in der boomenden Modebranche, im Fotojournalismus und nach dem Zweiten Weltkrieg beim Massenmedium Rundfunk. In Mannheim fördert eine Ausstellung ein Werk voller Überraschungen zutage. Lesen Sie den Bericht von Elke Linda Buchholz im Kulturfinder Baden-Württemberg.

Dienstag, 15. Februar 2011

Rudolf Steiner in Stuttgart

Keine andere deutsche Stadt hat der Gründer der Anthroposophie mit seinen vielfältigen Gedanken und Projekten so geprägt wie Stuttgart. Hier wurde 1919 die erste Waldorf-Schule eröffnet, hier gibt es bis heute eine Vielzahl antroposophischer Einrichtungen. Doch er war nicht nur ein schon zu Lebzeiten umstrittener Lebensreformer, sondern auch ein schöpferischer Geist mit starker Affinität zur Kunst. Wie sich sein Werk im Dialog mit den künstlerischen Strömungen seiner Zeit entwickelte und wie sich heutige Künstler mit dem „Kosmos Rudolf Steiner“ auseinandersetzen, beleuchtet ein zweiteiliges Ausstellungsprojekt im Erdgeschoss und Kubus des Stuttgarter Kunstmuseums. Lesen Sie den aktuellen Bericht über die Ausstellung von Elke Linda Buchholz im Kulturfinder Baden-Württemberg. Die Kritik der vorangehenden Präsentation in Wolfsburg finden Sie in unserem Archiv.

Montag, 14. Februar 2011

Die dritte Dimension

Unser Beitrag zur Berlinale in diesem Jahr: Ein Essay im TAGESSPIEGEL über die Geschichte und Zukunft der Stereoskopie, von den Anfängen bis zum aktuellen 3D-Boom in den Kinos und auf dem Computerspielemarkt. Lesen Sie ihn hier. Das Thema 3D beschäftigt uns schon seit Jahren, bereits 1999 haben wir ein Buch mit kolorierten Stereofotos aus dem Berliner Kaiserpanorama herausgegeben - bei uns ist der Prachtband BERLIN WIRD METROPOLE sogar noch zum Schnäppchenpreis von 20 Euro zzgl. Versandkosten lieferbar.

Berlaymont

Wegen der Eurokrise ist die gebogene Hochhausfassade der EU-Kommission in letzter Zeit ein besonders beliebter Bildhintergrund für Korrespondentenberichte aus Brüssel. Berlaymont: Der Name des Hauses für 3000 Mitarbeiter aus 27 Staaten erinnert an ein abgerissenes Nonnenkloster an dieser Stelle. Der babylonische Turm ist zugleich ein gewaltiges Kunstmuseum, überall hängen Leihgaben nationaler Kunstsammlungen und Kulturinstitute an den Wänden. Bei der täglichen Pressekonferenz reden sich die Sprecher der Kommissare und die Journalisten mit Vornamen an, ein sympathisches Ritual, das man sich in Berlin so gar nicht vorstellen kann. In Hintergrundgesprächen sind die EU-Mitarbeiter sehr auskunftsfreudig, allerdings immer „off records“: Zitiert werden sollen nur die sorgsam abgewogenen Mitteilungen der Kommission. Der europäische Geist des Hauses zeigt sich auch auf den Toiletten. „Katalunya is a nation, Spain is a fiction“ hat ein Anonymus an einen Türrahmen gekritzelt. Darunter steht in einer anderen Farbe: „Nation is a fiction“. Weitere Kolumnen aus der Kulturrepublik finden Sie hier.

Montag, 7. Februar 2011

Subventioniertes Kino

Filmförderung ist Wirtschaftsförderung: Daher verwandelten sich die Residenzen in Würzburg und München im letzten Sommer in den Pariser Louvre und einen venezianischen Dogenpalast. Das 3-D-Remake des Mantel-und-Degen-Films „Die drei Musketiere" wurde komplett in Bayern und Brandenburg gedreht, eine internationale Großproduktion mit Stars wie Orlando Bloom und Milla Jovovich, dirigiert vom britischen Regisseur Paul Anderson. Gut für die deutsche Filmindustrie, befremdlich für die Franzosen, in deren Heimat die Handlung spielt. Filmförderung geht aber auch so: 400 000 Euro stellt der Bundeskulturminister jährlich für den World Cinema Fund (WCF) bereit. Deutsche Produzenten bekommen Geld für internationale Filmprojekte mit der Auflage, es in Kirgisien, Indonesien oder Mali auszugeben. Die vielfach preisgekrönten Filme laufen regelmäßig bei großen Festivals, auch im Wettbewerb der Berlinale. Dort hat am Freitag wieder eine WCF-Produktion Premiere: Aus der Perspektive eines Kindes erzählt sie von der Militärdiktatur in Argentinien und ist schon wegen des Titels preisverdächtig: „El Premio". Berlinale-Chef Dieter Kosslick (Foto) machte auf der großen Vorab-Pressekonferenz schon mal Werbung für den Film.

Sonntag, 6. Februar 2011

Kleist-Projekte

Die von Hortensia Völckers (links) geleitete Kulturstiftung des Bundes gibt über 2 Millionen Euro für Projekte, die sich im 200. Todesjahr mit Heinrich von Kleist und seinem Werk auseinandersetzen. Das freut den Präsidenten der Kleistgesellschaft Günter Blamberger (Mitte) und den Direktor des Kleist-Museums Wolfgang de Bruyn (rechts), die bei der Vorstellung des Programms am Freitag mit auf der Bühne des Maxim-Gorki-Theaters saßen. Über die Veranstaltungen informiert das Kleistportal zum Jubiläumsjahr, dort ist auch schon der Berliner Stadtrundgang über Kleists Berliner Skandale angekündigt, an dem wir mitarbeiten. Ein kritischer Bericht über die Vorbereitungen auf das Kleistjahr ist bereits in der Stuttgarter Zeitung erschienen. Außerdem arbeitet Michael Bienert an einem Kleist-Stadtplan, der rechtzeitig zum Auftakt des Kleistjahres im März in einer Berliner Zeitung erscheinen soll.