Sie wollte Naturwissenschaftlerin werden, am liebsten Botanikerin - und wurde als junge Studentin durch eine Liebesbeziehung zu dem marxistischen Vordenker Leo Jogiches für immer "an die verfluchte Politik geschmiedet". Im Frühjahr 1913 erfasste die alte Sehnsucht die Frontfrau der deutschen Sozialdemokratie wie ein Rausch. Besessen sammelte sie monatelang Blumen und Blätter, die sie presste und in Schulheften sorgfältig beschrieb.
Weggesperrt während des Ersten Weltkriegs kratzte Rosa Luxemburg Unkraut auf gepflasterten Gefängnishöfen für ihre Sammlung und ließ sich von Freundinnen gepresste Pflanzen schicken. Wunderbarerweise tauchten 17 Hefte ihres Herbariums 2009 in Warschau wieder auf, als der Berliner Rechtsmediziner Michael Tsokos nach DNA-Spuren von Rosa Luxemburg fahndete. Es sind anrührende Lebenszeugnisse: "18. 9. 15 in die Zelle hereingeweht vom Wind aus dem Lazaretthof" steht gut leserlich neben fünf sternförmig arrangierten Ulmenblättern. Im Lazaretthof des "Weitergefängnisses" in der Berliner Barnimstraße habe sie "jeden Tag irgendeine kleine botanische oder zoologische Entdeckung" machen können, schreibt Rosa Luxemburg fast wehmütig aus dem Breslauer Knast am 2. August 1917 an Sophie Liebknecht. Die Frau des Politikers Karl Liebknecht schickte Pflanzen aus dem Botanischen Garten in Dahlem, einem der Lieblingsorte Rosa Luxemburgs in Berlin.
Im Herbarium erhalten blieben auch Blätter einer Bohnenpflanze, die sie 1918 im Breslauer Strafgefängnis in einem Topf zog. "Es ist ein großer Strauch mit ganz gewaltigen Bohnen geworden", schreibt Rosa Luxemburg stolz an Clara Zetkin; in den Herbariums-Heften heißt es: "Hat 8 grosse Schoten gebracht."
Im Faksimile des Herbariums zu blättern, ist in diesen novembergrauen Tagen ein wahrer Augen- und Seelentrost. Die zahlreichen Briefstellen aus den Jahren 1915 bis 1918, die sich aufs Botanisieren beziehen, sind im Anhang abgedruckt. Ein perfektes Verschenkbuch zu Weihnachten, so kurz vor dem 100. Todestag Rosa Luxemburgs.
Rosa Luxemburg
Herbarium
Herausgegeben von Evelin Wittich.
Mit einer Einleitung und einer Auswahl an Briefen von Holger Polin.
Karl Dietz Verlag Berlin GmbH 2016
416 Seiten, gebunden, 39,90 Euro
ISBN 978-3-320-02325-6
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Dienstag, 27. November 2018
Mittwoch, 7. November 2018
Das geheime Leben der Dinge. Wie im ethnologischen Museum in Dahlem Indigene mit Ethnologen zusammenarbeiten
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Orlando Fontes (links) und ein Kollege im Depot des Ethnologischen Museums in Dahlem. Foto: SPK/photothek.net/Inga Kjer |
Dienstag, 30. Oktober 2018
London 1938: Eine Ausstellung über von den Nazis verfemte Kunst in der Liebermann-Villa
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Albert Einstein, gemalt von Max Lieberman |
Wo bitte gehts zur Revolution? Zwei Neuerscheinungen zu Berliner Schauplätzen im Winter 1918/19
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Revolutionäre vor dem Brandenburger Tor, 1918 |
Mittwoch, 24. Oktober 2018
Georg Grosz in Berlin - eine Ausstellung und Museumspläne
200 Werke von George Grosz zeigt das Bröhan-Museum in einer Sonderausstellung, für ein Grosz-Museum in Berlin wird geworben. Elke Linda Buchholz hat im Tagesspiegel darüber berichtet: https://www.tagesspiegel.de/kultur/broehan-museum-zeigt-retrospektive-george-grosz-dadaist-mit-spitzem-stift/23211314.html
Dienstag, 9. Oktober 2018
Künstler, die auf Bäumen hocken - Ausstellung im Düppeler Forst (noch bis 28. Oktober 2018)

Sonntag, 23. September 2018
ABC des Reisens - Ausstellung in der Kunstbibliothek
Von Elke Linda Buchholz. Reisen kostet. Als Reichstagsarchitekt Paul Wallot 1875 auf Tour ging, notierte er akribisch seine Tagesausgaben in einem Skizzenbuch. Zu Buche schlugen Eisenbahn, Diorama, „Caffé“. Das zerfledderte Büchlein blättert die Kunstbibliothek jetzt auf, nebst einem Sparkassen-Plakat von 1954, das auch Pfennigfuchsern eine Urlaubsreise ans Herz legt: „Sparen ermöglicht die Urlaubsreise.“ Quer durch die Zeiten navigiert die Ausstellung, mit der das Haus seinen 150. Geburtstag feiert. Dröge Chronologien und penible Ordnungsraster bleiben im Staub der Geschichte zurück. Als locker gestricktes „ABC des Reisens“ schlängelt sich der Parcours entlang lexikalischer Stichworte von „A“ wie Album bis „Z“ wie Ziel. Das gibt allen fünf Abteilungen der einst als Vorlagensammlung fürs Kunstgewerbe gegründeten Institution die Chance, mit spannenden und skurrilen Preziosen zu glänzen.
Montag, 3. September 2018
Hannah Höchs Adressbuch
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Hannah Höchs Adressbuch Foto: Berlinische Galerie |
Hannah Höch nimmt 1917 ein kleines Büchlein zur Hand und trägt fein säuberlich die ersten Namen von Bekannten und Freunden ein. Gut sechzig Jahre später hat die Künstlerin ihr Adressbuch noch immer in Gebrauch. Unversehens ist es zu einer veritablen Collage angewachsen. Eingelegte Visitenkarten, überklebte Zusatzseiten, durchgestrichene Einträge und ergänzte Notizen haben die anfängliche Ordnung von A wie Amsterdam, Hans Arp und Augenarzt bis Z wie Zürich, Gertrud Zarniko und Galerie Zinke längst unterminiert. Das zerfledderte Original ruht heute in der Berlinischen Galerie: eine fragile Kostbarkeit mit maroder Heftung, abgegriffenen Ecken und knallroten Farbklecksen auf dem Umschlag.
Montag, 27. August 2018
BRECHTS BERLIN - Die Stalinallee (Videotrailer)
Auf einem Spaziergang über die ehemalige Stalinallee
stellt der Autor Michael Bienert sein neues Buch BRECHTS BERLIN vor,
das im Oktober 2018 im Verlag für Berlin-Brandenburg erscheint.
Bildhauer mit Beduinenzelt - Für Jussuf Abbo wird eine Gedenktafel in Berlin enthüllt
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Jussuf Abbo Foto: Wikimedia Commons |
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