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Montag, 3. November 2014

Tugendhelden, Mannsbilder - Cranachs Helden in der Gemäldegalerie

Quelle: http://www.smb-digital.de
Von Elke Linda Buchholz. Erschreckend brutal: Mit grässlich verrenkten Körpergliedern hängt der Verbrecher am Kreuz. Die Hände ballen sich zu Fäusten, die Muskeln kämpfen gegen die Fesseln. Ein Aufständischer gegen den Tod ist hier zu sehen, von Lucas Cranach dem Älteren in raschen, heftigen Strichen in weißer und schwarzer Kreide ans Kreuz geheftet. Aber ist er ein Held? Eher wie langhaariger Anti-Held wirkt dieser reuige Schächer. Das handgezeichnete kleine Blatt hängt als besondere Kostbarkeit in der Schau "Cranachs Helden", mit der das Kupferstichkabinett in einem Raum der Gemäldegalerie schon mal dem große Cranachjahr 2015 vorwegsegelt. Denn dann wird der 500. Geburtstag des jüngeren Cranach in zahlreichen Ausstellungen von Weimar bis Nürnberg gewürdigt. In Berlin können auch Kinder jetzt bereits die Malerdynastie Cranach kennenlernen. An sie wendet sich eine eigene, aufwendig medial bestückte Mitmachausstellung in der Gemäldegalerie. Die Schau für Erwachsene versteckt sich im stillen Kabinett und verlangt einen intensiveren Blick auf die teils kaum postkartengroßen Arbeiten.
Auf ultramarinblauem Grund, miniaturhaft, aber in selbstbewusster Körperfülle und ganzer Figur stehen die VIPs der Renaissance da: Martin Luther und seine Mitstreiter in Sachen Reformation, die Theologen Johannes Bugenhagen und Justus Jonas. Lucas Cranach der Jüngere zeichnete sie auf teurem Pergament ins eigene Familienstammbuch. Die Künstlerfamilie verkehrte mit den Geistesgrößen in Wittenberg auf freundschaftlichem Fuß. Und die Cranachwerkstatt war es auch, die das Publikum mit den begehrten Porträts der Reformationshelden versorgte. In erschwinglichen Auflagenwerken kamen sie als Kupferstich oder Holzschnitt auf den Markt.

Gleich viermal begegnet man Luther selbst. Sein erstes Porträt überhaupt zeigt ihn 1520 noch als Mönch mit Tonsur, dann posiert er als würdiger Profilkopf wie auf antiken Münzbildnissen und schließlich 1522 inkognito als "Junker Jörg" in Adelskluft und Rauschebart, so wie er auf der Wartburg Unterschlupf fand.
Der umtriebige Cranach-Betrieb fungierte wie ein Medienzentrum der Reformation. Fast 1000 Lutherbildnisse entstanden hier. Die Druckerpresse versorgte gebildete Bürger aber auch mit weiteren Vorbildern für ein tugendhaftes Leben. So mutig sein wie der römische Soldat Marcus Curtius, so bärenstark wie der biblische Samson, so glaubenstreu wie die Heilige Margarete, das waren die Rollenmodelle vor 500 Jahren. In oft modischer Frisur und ansprechender Körperlichkeit stellen die Cranachgrafiken sie vor. Vollkommen nackt zeigt sich die schöne Lucrezia auf einer raren Handskizze, die das Motiv erprobt. Die antike Heroine erwies sich als Verkaufsschlager der Cranachs. Eine besonders zierliche Variante in Öl hängt ein paar Schritte weiter in der ständigen Sammlung der Gemäldegalerie: mehr sinnliche Verlockung als Tugendmodell.

Diese Ausstellung läuft noch bis 16. November 2014Weitere Informationen
Die Kinderausstellung "Pop Up Cranach" ist bis 12. April 2015 zu sehen. Mehr

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