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Montag, 27. September 2010
Agenten unter Palmen

Montag, 20. September 2010
Architekten wählen einen Stadtplaner zum Präsidenten

Ein Denkfilm für Walter Benjamin

Walter Benjamins Aktentasche bleibt verschollen. Ihr Inhalt sei wichtiger als er selbst, sagte er seiner Fluchthelferin, ehe er sich vor 70 Jahren in den Pyrenäen vergiftete, um nicht den Nazis in die Hände zu fallen. Andere von Freunden gerettete Nachlasspapiere haben Jahrzehnte später im Berliner Benjamin-Archiv zusammengefunden. Es bildet ein Denken ab, das sich leichthin zwischen extremen Polen bewegte: Proust und Brecht, Kindheitserinnerung und Philosophie, Marxismus und Theologie, Aura und Massenproduktion, Bild und Begriff. Weit über seinen Tod hinaus sorgt die spielerische Beweglichkeit dieses Denkens für Irritationen. Es lässt auch den Filmemacher David Wittenberg nicht los: Aus Anlass des 70. Todestag hat er seinen mittlerweile dritten Film über Benjamin gedreht, der heute gesendet wird. „Geschichten der Freundschaft“ zeichnet die intellektuelle Biografie entlang der intensiven Beziehungen zu Gershom Scholem, Bert Brecht und dem Ehepaar Adorno nach. Zu einem eingesprochenen Essay sieht man ruhige Bilder von Orten, die für Benjamin wichtig waren: Denkbilder von heute. - Heute auf arte, 23:50 Uhr, Wiederholungen am 26. September 2010 um 01:40 Uhr und 6. Oktober.2010 um 05:00 Uhr. Der 70. Todestag von Walter Benjamin ist der 26. September.
Mittwoch, 15. September 2010
Die verschwundene Grenadierstraße

Die Grenadierstraße galt bis zum Zweiten Weltkrieg als Hauptstraße der ostjüdischen Kolonie im Berliner Scheunenviertel. Der Name Grenadierstraße war in osteuropäischen Schtetln ebenso ein Begriff wie unter jüdischen Emigranten in Amerika. Heute sucht man ihn vergebens auf den Stadtplänen, seit DDR-Zeiten heißt die Straße Almstadtstraße nach einem kommunistischen Widerstandskämpfer. Der Historiker Horst Helas hat ihr nun ein eigenes kleines Buch gewidmet (Die Grenadierstraße im Berliner Scheunenviertel: Ein Ghetto mit offenen Toren. Hentrich & Hentrich, Berlin 2010, 128 Seiten, 12,90 Euro), in dem er zuletzt einen 16 Jahre alten Vorschlag von Michael Bienert aufgreift: Eigentlich wäre es Berlin der verschwundenen Grenadierstraße und ihren deportierten und ermordeten Bewohnern schuldig, dass an den heutigen Straßenschildern wenigstens ein Hinweis auf den alten Namen angebracht wird. So etwas gibt es längst auch anderswo, zum Beispiel an der Taubertstraße in der Villenkolonie Grunewald, die von 1925 bis 1933 Rathenauallee hieß, nach dem in der Nähe von Rechtsradikalen ermordeten jüdischen Reichsaußenminister Walther Rathenau. - Michael Bienerts Tagesspiegel-Artikel über die Grenadierstraße in Martin Beradts Roman Beide Seiten einer Straße finden Sie in unserem Archiv.
Sammlergeschichten im Naturkundemuseum

Jakob ist ein Mädchen. Das kam aber erst heraus, als der Hauspapagei des Naturforschers Alexander von Humboldt ausgestopft werden sollte. Dreißig Jahre lebten die beiden in einem Haushalt. Nun sitzt Jakob weit besser konserviert als sein Herrchen in einer Vitrine im Berliner Naturkundemuseum. Gemeinsam mit der nach Humboldt benannten Berliner Universität feiert es in diesem Jahr seinen 200. Geburtstag. In einer farbigen Jubiläumsausstellung präsentiert das Haus die Geschichte seine Sammlungen, außerdem ist der wiederaufgebaute Ostflügel mit einem spekakulären neuen Schaudepot zu besichtigen. Mehr
Sonntag, 5. September 2010
Waldidylle eines Bürgerschrecks

Brechts Sommerhaus mit Garten in Buckow, eine knappe Autostunde vom Berliner Zentrum entfernt, ist ein anmutiges Ausflugsziel. Ein weiteres Künstlerhaus ganz in der Nähe kann seit dem Wochenende besichtigt werden. Auf Drängen Brechts baute sich der befreundete Montagekünstler und Grafiker John Heartfield im benachbarten Waldsieversdorf eine Datsche. Das verträumte Holzhäuschen unter Kiefern offenbart eine zarte, verletzliche und romantische Seite des Künstlers, der vor allem als aggressiver politischer Fotomonteur berühmt wurde. Lange stand die Hütte leer und drohte gänzlich zu vermodern. Die kleine Gemeinde und ein Freundeskreis kämpften 12 Jahre darum, das Heartfield-Haus als Gedenkstätte und Ort für Kulturveranstaltungen herrichten zu können, unterstützt von der Berliner Akademie der Künste, die das Interieur in ihrem Archiv verwahrte. Nun ist das Wohnzimmer mit Seeblick wieder gemütlich möbliert, in der geräumigen Küche können Ausstellungen gezeigt werden und in der Veranda Lesungen stattfinden - den Waldsierversdorfern sei Dank, denen der kommunistische Bürgerschreck John Heartfield als umgänglicher Mitbürger in Erinnerung geblieben ist. - Öffnungszeiten unter www.johnheartfield-haus.de. Lesen Sie den ausführlichen Artikel von Elke Linda Buchholz im Tagesspiegel hier.