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Montag, 5. Februar 2024

Weltkulturerbe in der Erich-Weinert-Straße (Video)

Foto: Dagmar Lembke

Michael Bienert spaziert mit dem rbb-Moderator Andreas Jacob durch die Wohnsiedlung "Carl Legien" von Bruno Taut. Den Beitrag aus dem rbb-Heimatjournal vom 3. 2. 2024 kann man hier anschauen: https://www.rbb-online.de/heimatjournal/videos/weltkulturerbe-in-der-erich-weinert-strasse.html

Donnerstag, 25. Januar 2024

Das Romanische Café - Ausstellung bis 30. Juni 2024 im Europa Center

 Welcome back! Seit dem 6. Januar ist die Ausstellung über den berühmtesten Berliner Künstlertreffpunkt der 1920er-Jahre geöffnet, am Originalschauplatz, dort wo heute das Europa Center steht. Finanziert von der Bundeszentrale für politische Bildung hat das kleine Ausstellungsteam um Katja Baumeister-Frenzel zwei Jahre intensiv daran gearbeitet, einen Erinnerungsort für die Kultur des "Neuen Westens" zu schaffen. Viele Neues ist dabei ans Licht gekommen über die (Um-)Baugeschichte des Romanischen Cafés und die Schicksale seiner Besucher, präsentiert mit Objekten aus seiner Glanzzeit, Fotos, Filmausschnitten. Ein Höhepunkt ist die 3-D-Rekonstruktion des Lokals durch Jan Schneider, die an ausgewählten Tagen auch mit 3-D-Brille erfahrbar sein wird. Mehr Informationen unter romanisches-cafe.berlin

Freitag, 6. Januar 2023

Melancholie der Provinz - "Gelbes Gold" an der Vagantenbühne

Von Michael Bienert - Gelbes Gold – danach fischt der Pommesbudenbesitzer Fritz seit 20 Jahren in seiner Friteuse. Doch die ersehnten Pommestouristen aus der weiten Welt bleiben aus, statt dessen schmilzt die allzu bekannte Stammkundschaft dahin. Denn das Plattenbauviertel an der Autobahn, in dem die Bude steht, wird abgerissen. So verliert Fritz seine bezahlbare Wohnung und auch sein Imbiss wird nach einer anonymen Anzeige vom Gesundheitsamt geschlossen. 

In diese trostlose Szenerie platzt Ana herein, die Tochter von Fritz. In der fernen Großstadt, wo sie studiert, ist sie nie richtig angekommen. Statt nun ihre Abschlussprüfung zu schreiben, lungert sie heimwehkrank dort herum, wo sie aufgewachsen ist. Und merkt, dass sie nicht mehr dazu gehört. Ihre Schulfreundin Juli wollte auch weg, hat aber den Absprung nicht geschafft und arbeitet als Kindergärtnerin in dem schrumpfenden Plattenbauviertel. Bis sie wegen ihres promiskuitiven Lebenswandels gekündigt wird. Dann ist da noch Mimi, seit 15 Jahren Aushilfskraft in der Imbissbude und Lebensgefährtin von Fritz. Sie strampelt sich frei, findet erst eine Anstellung in einem Blumenladen mit Laufkundschaft, später noch einen besseren Job und einen anderen Mann. 

Das Verstricktsein in die soziale Herkunft und die Sehnsucht nach einem neuen Leben, Bindung an ein Milieu und wachsende Entfremdung - das sind die Pole, um die Fabienne Dürs Vierpersonenstück "Gelbes Gold" kreist. Gnadenlos und empfindsam, die Figuren durchaus karikierend, aber nie denunzierend. Die Inszenierung von Bettina Rehm auf der kleinen Vaganten Bühne findet dafür den richtigen Ton. Sie kommt mit wenigen charakteristischen Requisiten und Kostümen (Clara Wanke) aus. Die Figuren gewinnen im Verlauf der eineinhalbstündigen Aufführung an Farbe und Individualität: Felix Theissen als alternder Gastronom, der sich an seinen längst gescheiterten Lebenstraum festklammert; Hannah von Theissen als Lebensgefährtin Mimi, die den Absprung vom sinkenden Boot schafft und dabei beachtliche Energien entwickelt; Sibylle Gogg als Juli, die ziellos ihre Ehe und ihre berufliche Existenz zerstört, bis sie frei ist; und Sarah Maria Sander als melancholische Ana, die nicht mehr weiß, wohin sie gehört. Kein aufmunternder und tröstlicher, aber in sich rundum stimmiger Theaterabend, der sich ironisch-liebevoll an den Nöten von Durchschnittsmenschen aus der Provinz abarbeitet. (© Michael Bienert / 6. Januar 2023)

Aufführungstermine und weitere Informationen            

Montag, 31. Januar 2022

Neues Video: Der Wohnpalast am Ostseeplatz und seine Geheimnisse


 

Das verborgene Museum - Nachruf und Ausblick

Ausstellungsraum im Verborgenen Museum (Wikimedia)

Von Elke Linda Buchholz - Wo gab es das sonst? Das spezielle farbige Leuchten in den Landschaften der Expressionistin Ilse Heller-Lazard, der scharfe Blick der Fotoreporterin Inge Morath oder der Witz in den winzigen Gesellschaftsszenen der Malerin Mathilde Tardif: im Verborgenen Museum gab es jedesmal etwas Besonderes, meist noch nie Gesehenes zu entdecken. Versteckt im Hinterhof der Charlottenburger Schlüterstraße 70 nistete die Institution auf 100 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Aber nicht wegen seiner Lage hieß das Verborgene Museum so. Alles begann mit einem Paukenschlag, 35 Jahre ist das her.

Zur 750-Jahr-Feier Berlins 1987 holte eine Projektgruppe um die Künstlerinnen Evelyn Kuwertz und Gisela Breitling das Strandgut der weiblichen Kunstgeschichte aus den Museumsdepots der Hauptstadt. In der Akademie der Künste am Hanseatenweg wurde ausgepackt. Beim Durchforsten der Bestände von Gemäldegalerie, Bauhaus-Archiv, Brücke-Museum und anderen war man auf 600 Werke von Frauen aus fünf Jahrhunderten gestoßen. Nahezu völlig vergessen. Eine fatale Amnesie. Die Schau „Das Verborgene Museum“ rückte rund 150 Exponate ins Licht. Mokant witzelte die Kritik über die „Fleißarbeit“ der „Damenriege“, aber es gab auch Anerkennung für das Ende der weiblichen Bescheidenheit. 

Als gemeinnütziger Verein organisiert blieben die Initiatorinnen dran an ihrem Thema. Fortan richtete sich der Fokus auf einzelne Künstlerinnen, vornehmlich der Moderne. Ausstellung folgte auf Ausstellung, Katalog auf Katalog. Mit geringen Mitteln, viel ehrenamtlichem Engagement und immer wieder neu beantragten Projektfinanzierungen etablierte sich ein weltweit einzigartiges Museum: Anlaufstelle für Interessierte, Knotenpunkt für Netzwerkerinnen und Auffanglager für weibliche Kunst. Die langjährige Chefkuratorin Marion Beckers und Elisabeth Moortgat aus dem Vorstand bewiesen enorme Hartnäckigkeit. Vielfach glich die Wiederentdeckung vergessener Namen einer Detektivrecherche. Werke wurden in Privatsammlungen, Depots und Nachlässen aufgespürt, verwischte Lebensspuren rekonstruiert. Etwa bei Künstlerinnen jüdischer Herkunft, die durch Exil und Verfolgung zusätzlich in Vergessenheit gerieten.

Dienstag, 14. Dezember 2021

Wacher Geist, lockerer Pinsel

A. D. Therbusch: Henriette Herz, 1778
Die Gemäldegalerie zeigt die großartige Berliner Malerin Anna Dorothea Therbusch zwischen Rokoko und Aufklärung 

Von Elke Linda Buchholz - Beruf Künstlerin? Für eine Frau des 18. Jahrhunderts war das keine Option. Schon gar nicht für eine Gastwirtsgattin im Berlin zwischen friederizianischem Rokoko und bürgerlicher Aufklärung. Anna Dorothea Therbusch hat es trotzdem geschafft. Wie? Mit Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen, stupendem Ehrgeiz und hinreißendem künstlerischen Talent biss sie sich durch. In den 1770er Jahren gehörte Therbusch zu den wichtigsten Akteuren in der Kunstszene der preußischen Hauptstadt. Adel und Bürgerliche saßen ihr Modell. Der arrivierte Daniel Chodowiecki, selbst vor allem als Grafiker gefragt, schwärmte nach einem Atelierbesuch von ihren „ganz herrlichen“ Porträts. Weiterlesen

Mittwoch, 1. Dezember 2021

Berlin in der Krise (1929-1933) - Literarische Expeditionen zum Nachhören

Auf der berlinhistoryapp ist seit Kurzem ein literarischer Audioguide ins Berlin der Weltwirtschaftskrise verfügbar. Die 22 Hörstationen sind bestückt mit Texten u. a. von Irmgard Keun, Erich Kästner, Marieluise Fleißer, Gabriele Tergit, Hans Fallada, Wolfgang Koeppen und Siegfried Kracauer. Ein Projekt des Vereins Aktives Museum in Zusammenarbeit mit Michael Bienert.

Zugang: Einfach die kostenlose berlinhistoryapp aufs Handy laden und den Layer "Aktives Museum" wählen.

Pierre Schlemihl führt durch Berlin

"Anstatt die Romantik aus historischer Perspektive aufzurollen, geht Bienert von den Orten, den oft noch vorhandenen Schauplätzen aus, die Geschichte und Geschichten erzählen. So nimmt er seine Leser mit zum Goethedenkmal im Tiergarten, Symbol des Kults um den Dichter, in die Jägerstraße, wo Wilhelm und Alexander von Humboldt aufwuchsen und später, zusammen mit anderen in der Dachstube Rahel Varnhagens zu Gast waren. Er wirft auch einen Blick auf die Charité, die damals aus dem Pflegenotstand heraus Prostituierte als Krankenschwestern rekrutierte, und auf den Monbijouplatz, wo Bettine und Achim von Arnim inmitten von Rosen und Jasmin ihre heimliche Hochzeitsnacht verbrachten. Dass Bienert dazu den fiktiven Stadtführer Pierre Schlemihl einführt, wäre gar nicht nötig gewesen. Auch so folgt man dem Autor gern überallhin und könnte bei der Lektüre völlig abtauchen in das damalige Lebensgefühl, würde das Buch nicht auch die heutige Stadt in den Blick nehmen", schreibt Ulrike Wiebrecht im Tagesspiegel über das neueste Buch des Webmasters.
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Samstag, 23. Oktober 2021

Magische Spiegelungen - Johann Erdmann Hummel in der Alten Nationalgalerie

Spieglein, Spieglein an der Wand: Niemand hat im frühen 19. Jahrhundert vertracktere Licht- und Schattenspiele in verspiegelten Bildräumen konstruiert als der Berliner Malerprofessor Hummel. Die Berliner Nationalgalerie feiert ihn als magischen Realisten, hundert Jahre vor dem Triumphzug der Neuen Sachlichkeit. 

Von Michael Bienert.  Als der Maler Johann Erdmann Hummel im Frühjahr 1799 nach einem siebenjährigen Studienaufenthalt in Italien in seine Heimatstadt Kassel zurückkehrte, wurde er nicht mit offenen Armen empfangen. Um sich als Hofmaler zu empfehlen, arbeitete er an einem großformatigen Bild, das die Gegend um Schloss Wilhelmshöhe als ideale Parklandschaft darstellte. Hirten, Bürger und Adelige bevölkern das Panorama, in dem eine tief stehende Nachmittagssonne die hügelige Landschaft besonders plastisch erscheinen lässt und der Herkules am Horizont im blauen Dunst verschwimmt. Doch das mit größter Raffinesse komponierte und filigran gemalte Bild mochte der Landgraf von Hessel-Kassel nicht ankaufen. Erst 1968 wurde es für die Kasseler Kunstsammlungen erworben.

Recht unauffällig hängt dieses Hauptwerk der Kasseler Zeit nun in der Alten Nationalgalerie in Berlin, die Hummel die erste große Retrospektive seit fast 100 Jahren widmet. Der Fokus liegt hier auf der Entwicklung, die Hummel nach dem Abschied von seiner Heimatstadt in Preußen genommen hat. Mit Anfang Dreißig kam er nach Berlin, ein halbes Jahrhundert lebte, arbeitete und lehrte Hummel an der Spree, ehe er 1852 hochbetagt mit 83 Jahren starb. Er war demnach ein Zeitgenosse Caspar David Friedrichs, dessen Ikonen romantischer Malerei – wie der „Mönch am Meer“ und die „Abtei am Eichwald“ – im Oberlichtsaal nebenan das Publikum fesseln. Beide Maler erregten im frühen 19. Jahrhundert maximales Aufsehen in den Kunstausstellungen, die die Berliner Akademie regelmäßig ausrichtete. Doch anders als dem Popstar Caspar David Friedrich war Hummel postum nur bescheidener Ruhm beschieden. 

Dass Hummel heute in Berlin überhaupt noch einen Namen hat, verdankt sich vor allem einem einzigen Motiv. Als Maler begleitete Hummel um 1830 den Entstehungsprozeß der riesigen Granitschale, die vor Schinkels Altem Museum im Lustgarten steht. Die 75 Tonnen schwere Riesenschüssel aus märkischem Granit galt seinerzeit als kunsthandwerklich-technologisches Weltwunder und vaterländisches Symbol. Hummel schuf mehrere Bilder, in denen der Koloss im Mittelpunkt steht. Auf seiner berühmtesten Stadtansicht spiegeln sich Spaziergänger, Lustgarten und Schloss in der auf Hochglanz polierten Oberfläche der Schale. So unverrückbar wie der Trumms auf der Museumsinsel steht, so unverzichtbar schmückt dieses Gemälde Hummels die Dauerpräsentation von Berliner Malerei des 19. Jahrhunderts in der Nationalgalerie. Ein One-Hit-Wonder, welches fast das gesamte übrige Oeuvre Hummels in den Schatten stellt. Weiterlesen auf www.text-der-stadt.de/Hummel.html