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Samstag, 23. Dezember 2017
Benjamin und Brecht - Denken in Extremen
Noch bis 28. Januar 2018 zeigt die Akademie der Künste ihre große Ausstellung Benjamin und Brecht - Denken in Extremen, die aus dem Vollen schöpfen kann, immerhin gehören die umfangreichen Werkarchive des Kritikers und des Dichters zu ihrem Bestand. Zwischen beiden Intellektuellen hat es nicht gleich gefunkt. Als eine gemeinsame Freundin, die Kommunistin Asja Lacis, sie 1924 in Berlin zusammenbrachte, kam kein konstruktiver Dialog in Gang. Das änderte sich etwa 1929, vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise und des Aufstiegs der Nationalsozialisten: Brecht und Benjamin reagierten darauf mit einer verstärkten Orientierung an der marxistischen Gesellschaftstheorie. Sie teilten die Hoffnung auf die Arbeiterklasse als historischer Macht, stark genug, die Herrschaft des Bürgertums zu beenden und dem Faschismus paroli zu bieten. Es gab Pläne für eine Lesegemeinschaft gegen Heidegger und eine Zeitschrift mit dem Namen Krisis und Kritik; sie sollte eingreifendes Denken lehren. Brecht und Benjamin flohen vor den Nazis und setzten ihr Gespräch fort, brieflich und während Benjamins drei Aufenthalten in Brechts dänischem Exil. Fotos zeigen sie im Garten des Brechtschen Häuschens in Svendborg beim Schachspiel: Brecht war der aggressivere Spieler, Benjamin der bedächtig-defensive. Meistens gewann Brecht. Dass beide den Temperamentsunterschied und den Widerspruch des Gegenübers suchten, spricht für ihre Größe. Die Ausstellung arbeitet mit sorgfältig ausgesuchten Dokumenten und einer exzellenten Betextung (für die Typografie zeichnet Friedrich Forssmann verantwortlich) die Gegensätze heraus: Brecht konnte mit Benjamins Aura-Theorie sowenig anfangen wie mit dessen Begeisterung für Baudelaire. Brecht warnte Benjamin, sich zu sehr in Abhängigkeit vom Institut für Sozialforschung Adornos und Horkheimers zu begeben, jene sahen den Einfluss Brechts auf Benjamin als verhängnisvoll an. Beide teilten die Faszination durch Kafkas Schriften, kamen aber zu ganz unterschiedlichen Einschätzungen seiner Bedeutung. Beide sahen sich durch den Rundfunk und die technische Reproduzierbarkeit von Kunst herausgefordert, waren auf der Suche nach einer neuen, zeitgemäßen Kunst und den richtigen Begriffen dafür. Gemeinsam arbeiteten sie am Plot für einen Kriminalroman. Als Brecht 1941 vom Tod des schwierigen Freundes erfuhr, der sich bei der Flucht über die Pyrenäen das Leben genommen hatte, was der Dichter erschüttert; mehrere Gedichte zeugen davon. "Neuer Gedanken Heraufkunft und neuer Schwierigkeiten", das allein hätte ihn doch im Leben halten müssen, ruft Brecht dem verlorenen Gesprächspartner nach. Um die Zeugnisse ihres Dialogs legt sich in der Ausstellung der Akademie ein Kranz von Arbeiten jüngerer Künstler - so hat Stefan Thiemann den Kriminalroman der beiden Meisterdenker als Graphic Novel in Holz geschnitten und Alexander Kluge eine Videocollage beigesteuert; für ihn sind Benjamin und Brecht "Steuerungsengel im Dickicht des 21. Jahrhundert" geblieben. Infos zur Ausstellung
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