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Mittwoch, 16. März 2016

Weibliche Lichtgestalten: Das Stadtmuseum feiert Berlin als "Stadt der Frauen"

Vor 150 Jahren wurde der Lette-Verein in Berlin gegründet, um die Berufsausbildung von Frauen zu fördern. Seither haben die Frauen immer neue Männerdomänen erobert, von einer Gleichstellung bei Aufstiegschancen und Bezahlung kann allerdings immer noch nicht die Rede sein. Unter reger Beteiligung von SchülerInnen des Lette-Vereins, der seit 1902 in einem repräsentativen Haus des Reformarchitekten Alfred Messel am Viktoria-Luise-Platz residiert, stellt das Stadtmuseum Berlin ab heute 20 Biografien von außergewöhnlicher Berlinerinnen vor, darunter die erste weibliche Vorsitzende des Lette-Vereins Anna Schepeler-Lette und die Frauenrechtlerin Hedwig Dohm, die Architektin Emilie Winkelmann, der Filmstar Fritzi Massary, die Fliegerin Elly Beinhorn, Künstlerinnen wie Käthe Kollwitz, Renée Sintenis und Jeanne Mammen. Ein bunte Mischung für eine sehr bunte Ausstellung, die keine frauenpolitische Stoßrichtung verfolgt, sondern einfach die Kreativität und Vielfalt des weiblichen Berlin seit der Mitte des 19. Jahrhunderts feiert. Ausgeblendet bleiben dabei die düsteren Seiten der "Stadt der Frauen", das Leben der zahl- und namenlosen Berlinerinnen, die ein Leben in Abhängigkeit führen mussten, die Dienstmädchen, Prostituierten oder billigen Arbeitskräfte in der Berliner Industrie. So wirken die Ausstellung und Katalog ein wenig oberflächlich und sehr auf den breiten Publikumserfolg berechnet und fördern nicht allzu viel Überraschendes zur Berliner Frauengeschichte zutage. Geben die eigenen Sammlungen des Stadtmuseums zum Thema wirklich so wenig her, wie der neue Direktor Paul Spies behauptet? Oder hat es an einer klaren Fragestellung gefehlt? Unterhaltsam inszeniert ist die Wundertüte im Ephraim-Palais allemal, mit dem neuen Chef weht durch den schwerfälligen Museumsapparat spürbar ein frisches Lüftchen und der kalkulierte Publikumserfolg sei allen Beteiligten ausdrücklich gegönnt. Aber es bleibt noch reichlich zu tun, Frauen den Platz in der Berlin-Geschichtsschreibung einzuräumen, der ihnen als der Hälfte der Bevölkerung eigentlich zusteht.

Weitere Infos und Öffnungszeiten unter www.stadtmuseum.de

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