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Montag, 27. Februar 2012

Berliner Kulturhaushalt in der Beratung

Während der Bundestag über das 130-Millionen-Paket zur Rettung Griechenlands vor der Staatspleite abstimmt, besichtigen wir im Preußischen Landtag die Mühen der parlamentarischen Tiefebene: Haushaltsberatung im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses. Da geht es "nur" um die Verteilung von 362 Millionen Euro im Jahr 2012 und 366 Millionen Euro im Jahr 2013 an Berliner Kulturinstitutionen und freie Künstler. Die gute Nachricht: Es muss nicht brutal gekürzt werden, die Zuschüsse steigen sogar leicht (2011 lagen die Ausgaben bei 358 Millionen Euro). Aber an der Mangelwirtschaft in vielen Kultureinrichtungen der Stadt ändert das auch nicht viel.

Sonntag, 26. Februar 2012

Im Theater (31): Kirschgarten am Deutschen Theater

In den Theatern scheint sich die Auffassung durchzusetzen, dass Tschechows letztes Stück wirklich als das gespielt werden soll, wofür der Autor es hielt: als Komödie. Dass also der Kirschgarten ohne allzu große Sentimentalitäten zu Kleinholz verarbeitet werden kann und man sich mit den Abschiedsschmerzen des Personals nicht zu lange aufhalten sollte. Derart führte eine hochkarätig besetzte Off-Truppe den Kirschgarten zur Wiedereröffnung der Sophiensäle vor ein paar Monaten auf, wuchtete schwitzend Steine über die Bühne und schrie sich die Seele aus dem Leib. Tschechows unverwüstlicher "Kirschgarten" hielt das aus, eine Offenbarung war der hemdsärmelige Zugriff indes nicht. Einen ähnlichen Eindruck hinterlässt die filigranere, aber ähnlich kurzatmige Inszenierung von Stephan Kimmig am Deutschen Theater.

Dienstag, 14. Februar 2012

Verbrannte Bücher, verfemte Autoren

"Warum sind Sie so spät gekommen?" Die Frage stellte der 89-jährige Schriftsteller Armin T. Wegeer dem "Stern"-Journalisten Jürgen Serke, als dieser ihn in den 1970er Jahren aufspürte und nach seiner Lebensgeschichte befragte. "Er erzählte Stunde um Stunde, bis sich nur noch die Lippen bewegten, obwohl die Stimmbänder längst den Dienst versagten", berichtete Serke heute bei der Pressekonferenz zu einer Ausstellung, die 20 in der Nazizeit verfemte Schriftstellerinnen und Schriftsteller würdigt.

Montag, 13. Februar 2012

Panorama: Gerhard Richter in der Nationalgalerie


Von Elke Linda Buchholz - Eine opake weiße Farbschicht legt sich wie eine Schneedecke über die Bildoberfläche. Nur an wenigen Stellen schimmert die grau in grau gemalte, Szene darunter durch. Was Gerhard Richter hier nahezu zum Verschwinden gebracht hat, enthüllt erst ein Blick auf die Bilder seines RAF-Zyklus: Es ist das Interieur der Zelle Gudrun Ensslins in Stuttgart-Stammheim, mit dem schattenhaften Körper der Erhängten. Unheimlich, vage und trotzdem eindringlich vergegenwärtigen die verwischten, nach Pressefotos gemalten Bilder die Akteure und Orte von 1977. Das Gemälde "Decke" aus Privatbesitz und der berühmte 15teilige RAF-Zyklus aus dem Museum of Modern Art in New York treffen jetzt im Schinkelsaal der Alten Nationalgalerie aufeinander. Hier, umgeben von klassischen Historienbildern des 19. Jahrhunderts, erweisen sie sich als Versuch in einer Gattung, die es eigentlich schon längst nicht mehr gibt: der Historienmalerei. Gleich nebenan hängt Caspar David Friedrichs "Mönch am Meer". Um Richters fotorealistische Variante des romantischen Seestücks zu sehen, muss man in den Mies van der Rohe-Bau ans Kulturforum fahren.

Samstag, 11. Februar 2012

Das Schweben der Farben in Stuttgart

Verschwinden und Andeuten, Wahrnehmen und Einbilden: Wo verläuft die Grenze zwischen gegenständlicher und abstrakter Malerei, zwischen atmosphärischer Landschaftsvedute und reinem Farbraum? Seit der Romantik haben Grenzgänger der Malerei dies immer wieder neu ausgelotet. An den späten Werken von William Turner, Claude Monet und Cy Twombly lässt es sich jetzt in der Staatsgalerie Stuttgart erkunden. Wer die Literatur, das Meer und die Malerei liebt, wird diese Ausstellung genießen. Elke Linda Buchholz hat den Audioguide zur Ausstellung geschrieben und stellt sie auf kulturfinder.de vor.

Montag, 6. Februar 2012

Streit um Alfred Döblins Biografie

Eine große Biografie über den vielseitigen Autor von Berlin Alexanderplatz war überfällig, nun liegt sie vor und die Enttäuschung ist groß. Christina Althen, Generalherausgeberin von Döblins Werken, übt heftige Kritik an Winfried F. Schoellers 900-Seiten-Buch, dieser wirft in einer Replik der Döblin-Forschung Versäumnisse vor. Der letzte lebende Sohn des Dichters sieht ebenfalls die Notwendigkeit einer Richtigstellung im Rezensionsforum literaturkritik.de. Wir haben die Biografie bereits vor dieser Kontroverse für das literaturblatt kritisch rezensiert:


Kobold der Moderne
von Michael Bienert

Der Lektor muss tief geschlafen haben. Schon in der Einleitung von Wilfried Schoellers Biografie liest man über Döblins Schreibfleiß: „Dieses Werk ist kaum zu überblicken allein wegen des Umfangs, der um einiges mehr, als Thomas Mann geschrieben hat.“ Wie bitte? Nicht mal brüllende Rhetorik vermochte das Hanser-Lektorat aufzuwecken: „Vor der stampfenden Wucht dieser Dichtung verschwindet alle Literatur. Wir paar Menschen, die wir in der Berliner Sezession vor dem Rednertisch saßen, fühlten es alle: da steht nicht einer über den Dingen, die er am Schreibtisch zerdacht hat; da steht ein Mann vor seinem Werk, selbst halb zerdrückt davon und wie erschrocken.“ Drei Seiten später liest man das Zitat über eine Döblin-Lesung von 1922 wortwörtlich nochmal, ohne jeden Mehrwert. Sicher, so was passiert, wenn ein Autor sein 2000-Seiten-Manuskript auf 900 Druckseiten herunterkürzen muss. Aber dass der führende deutsche Literaturverlag es für überflüssig fand, alle Zitate nachzuprüfen: Das kann doch nicht wahr sein!

Donnerstag, 2. Februar 2012

Friedrich der Große und seine Bücher

Die ehemalige Königliche Bibliothek am Bebelplatz
("Kommode") ließ Friedrich der Große 1775-80 bauen.
Nur für kurze Zeit ist ab 8. Februar in der Staatsbibliothek eine Ausstellung über die Bücher Friedrichs des Großen zu sehen, seine literarischen Ambitionen und seine Vorliebe für Bibliotheken. Den Kern der Ausstellung bilden Stücke aus dem privaten Besitz eines anonym bleibenden Sammlers (Bibliotheca Fridericiana P. O.), ergänzt durch Autographe der Staatsbibliothek zu Berlin und des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz sowie durch private Leihgaben. Zu sehen sind 130 Objekte, darunter das um 1739 von Friedrich II. verfasste Manuskript Anti-Machiavel, ein 1740 an Voltaire gerichtetes Schreiben, in dem er um Lektüre und Korrektur des Manuskripts bittet, die von ihm verfassten General-Prinzipien vom Kriege, gedruckt in seiner Privatdruckerei, sowie zahlreiche Drucke seiner Werke aus verschiedenen Werkstätten.