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Freitag, 2. Dezember 2011

Flüchten oder standhalten? Zum Tod von Christa Wolf

Eine unerschrockene Kämpferin war Christa Wolf nicht, eher ein ängstlicher Mensch, aber sie hat immer wieder ihren schwachen Mut zusammengenommen, um auszudrücken, was sie für richtig und notwendig hielt. Sie blieb unbequem – für die Mächtigen und im Umgang mit sich selbst. Ihr Schriftstellerleben in der DDR war eine Gratwanderung zwischen überlebensnotwendiger Anpassung und dem Streben nach subjektiver Wahrhaftigkeit. „Und da steht man denn vor der Frage, was einem wichtiger ist, sich selbst kennenzulernen und mit sich ins Reine zu kommen oder in Übereinstimmung zu sein mit der landläufigen Meinung“, so hat sie ihren Grundkonflikt beschrieben. In ihren Prosastücken bleibt er vielfach unaufgelöst, endet tödlich für die Heldin in „Nachdenken über Christa T.“, für die romantische Dichterin Günderode in „Kein Ort. Nirgends“ oder für Kassandra in der gleichnamigen Erzählung. Christa Wolf überlebte ihre Figuren wie Goethe seinen Werther – durch die Verwandlung der Konflikte in Kunst, mit Lebensklugheit und einer Portion Glück. Gestern ist sie im Alter von 82 Jahren gestorben. Lesen Sie unseren Langen Nachruf in der Stuttgarter Zeitung und die Besprechung ihres letzten Buches auf www.text-der-stadt.de. Das Foto haben wir 2010 bei einem der letzten öffentlichen Auftritte Christa Wolfs in der Akademie der Künste aufgenommen.

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