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Montag, 15. November 2010

Führungskräfte

Hat der Bundesrat, ein Verfassungsorgan, Besucher jahrelang rechtswidrig von Scheinselbständigen durchs Haus führen lassen? Diese Frage wird heute vor dem Landessozialgericht in Potsdam in zweiter Instanz erörtert. Die Deutsche Rentenversicherung hatte festgestellt, dass freie Mitarbeiter im Besucherdienst wie abhängig Beschäftigte eingesetzt wurden und deshalb die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen gefordert. Dagegen klagte der Bundesrat und verlor. Statt das gut begründete Urteil vom Juni 2009 (Az. S 36 KR 2382/07) zu akzeptieren und Ruhe einkehren zu lassen, legte der Bundesrat Berufung ein (Az. L 1 KR 206/09). Er gibt damit ein schlechtes Beispiel ab, etwa für das Jüdische Museum in Berlin. Dort sieht man sich ebenfalls mit Nachforderungen der Rentenkasse konfrontiert, nachdem eine langjährige Honorarmitarbeiterin ihre Führungstätigkeit im Museum überprüfen ließ. Eine andere Kollegin versucht vor dem Arbeitsgericht, ihre zehnjährige Arbeit im Museum nachträglich als festes Beschäftigungsverhältnis anerkennen zu lassen. Pikanterweise kündigte die Museumleitung den beiden engagierten Frauen die Zusammenarbeit Ende letzten Jahres, nachdem es zu einem Aufstand von Honorarmitarbeitern gegen ihre Behandlung gekommen war. So etwas mag in der freien Wirtschaft gang und gäbe sein; doch Verfassungsorgane und Kulturinstitute des Bundes haben eine Vorbildfunktion. Auch wenn es nur um Führungskräfte am untersten Ende der Hierarchie geht. - Erschienen in der STUTTGARTER ZEITUNG vom 15. November 2010. Mehr Kolumnen aus der Kulturrepublik finden Sie hier.

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